Sonntagsöffnungen - Der Anlass muss das dominierende Element sein, Ladenöffnung nur Beiwerk

Rede in der Ratssitzung am 28.09.2017, TOP 3.1.8 Gesetzesinitiative zur Liberalisierung der Sonntagsöffnungen stoppen

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
meine Damen und Herren,

Ende Mai gründete sich eine Initiative mit dem Namen "Selbstbestimmter Sonntag" bestehend aus einer Gruppe von Managern von großen Warenhäusern. Ihr Ziel ist es: die völlige Freigabe des Sonntags als Verkaufstag.

So passt es doch gut, dass die Düsseldorfer Landesregierung laut Koalitionsvertrag das Ladenöffnungsgesetz nun klarer formulieren möchte und eine Verdoppelung der Sonntagsöffnungen anstrebt. Dabei gehe es um eine rechtssichere Möglichkeit, die es den Gemeinden erlaube, aus eigener Kompetenz heraus die Sonntagsöffnung zuzulassen. Der im Gesetz verankerte Anlassbezug zugunsten einer nicht abschließenden Aufzählung möglicher Sachgründe soll gestrichen werden. Ergebnis wäre, dass jede Sonntagsöffnung irgendwie begründet werden könnte. Künftig können neben örtlichen Festen, Märkten, Messen und ähnlichen Anlässen die verkaufsoffenen Sonntage auch folgenden Zielen dienen: Belebung der Innenstädte, Herstellung eines zukunftsfähigen stationären Einzelhandels, Erhalt ortsnaher Versorgungsstrukturen (v.a. im ländlichen Raum), Sichtbarkeit der Kommune als attraktiver Standort für Bürger und Unternehmen.

Meine Damen und Herren. Sonntagsöffnungen sind doch heute schon möglich. Es scheiterte eben häufig an einer Anlassveranstaltung. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist für jede Sonntagsöffnung eine ausführliche Begründung zum Anlassbezug erforderlich. Der Anlass muss in jedem Fall das dominierende Element sein, Ladenöffnung ist nur als Beiwerk möglich.

In dem Gesetzentwurf wird in der Darstellung der Änderungen des Ladenöffnungsgesetzes zu der vorgesehenen Streichung des Anlassbezuges zugunsten von Sachgründen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. In der Gesetzesbegründung wird dann unter Berufung auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 01.12.2009 suggeriert, dass diese Streichung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtes erfolge. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil an eben dieser Stelle ausgeführt:

"Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen."

Die Handelsgewerkschaft Ver.di hat gegen die geplante Liberalisierung der strengen Regeln zum Schutz der Sonntagsruhe bereits jetzt Widerstand ankündigt. Sie werden prüfen, ob die Pläne der neuen nordrhein-westfälischen Landesregierung verfassungsgemäß sind und kritisieren die geplante Verdoppelung der Sonntagsöffnungen. Somit ist weiterer Streit vorprogrammiert und das zu Recht.

Auch die Begründung der Landesregierung, der Handel in den Städten brauche ein Mittel gegen starke neue Konkurrenten wie den Online-Verkauf oder grenznahe Outlet-Center, kann eine Verdopplung der Sonntagsöffnungen nicht rechtfertigen. Dies Argument ist nur vorgeschoben, um den verfassungsmäßigen Sonntagsschutz auszuhebeln. In Randnummer 171 des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 01.12.2009 wird zudem eine Ungleichbehandlung des stationären Handels gegenüber dem Online-Handel als Argument für Sonntagsöffnungen ausgeschlossen.

Eine weitere Erhöhung der Sonntagsöffnungen nutzt nur den großen Handelsketten, während kleine und mittelständische Händler davon wenig haben. Richtig ist, dass der Einzelhandel vor tiefgreifenden Veränderungsprozessen steht. Mehr Sonntagsöffnungen sind jedoch nicht die Antwort darauf. Mit diesem Gesetzesvorhaben wird die Konkurrenz zugunsten der großen Handelsketten erhöht. Dabei muss es doch darum gehen den inhabergeführten Facheinzelhandel zu unterstützen. Denn diese sind personell nicht in der Lage ist angesichts der erweiterten Öffnungszeiten mit den großen Ketten mitzuhalten. Darum befördert die Sonntagsöffnung höchstens eines: Eine noch größere Konzentration des Handels auf größere Ketten und den Strukturwandel in den Innenstädten. Der Einzelhandel muss vielmehr Einkaufserlebnisse von Montag bis Samstag schaffen. Dafür braucht es unter anderem qualifiziertes und motiviertes Personal, das nach Tarif bezahlt wird.

Soweit die SPD in ihrem Beschlusspunkt zwei von einer bestehenden Praxis in Köln und der Selbstbeschränkung bei der Freigabe von Sonntagsöffnungen spricht, entspricht das nicht der Realität. Eine Selbstbeschränkung wie sie im Antrag formuliert ist, gab es in der Form nicht. Hier hat die Verwaltung weitestgehend selbstständig die Sonntagsöffnungen festgelegt. Von einem Konsens kann doch nicht gesprochen werden. Umso besser wenn es tatsächlich Praxis wird.

Wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. Denn zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gesetzesentwurf der Landesregierung zum LÖG NRW Rechtsunsicherheiten nicht ab schafft, sondern vergrößert und es stellt sich den Schutzbestimmungen und Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel entgegen.