NRW hat beim Thema Armut keine Strategie

Jörg Detjen

Rede in der Ratssitzung am 10.9. zum Thema "Eine Armutskonferenz für Köln – ein Leben in Teilhabe für alle!"

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,
sehr geehrte Anwesende,

gestern hat mein Freund Prof. Christoph Butterwegge sein neues Buch „Ungleichheit in der Klassengesellschaft“ mit einem Gastkommentar im Kölner Stadtanzeiger vorgestellt. Fazit:
Die Reichen sind in der Corona-Krise reicher und die Armen zahlreicher geworden.“

Ich werde morgen mit ihm über diese These diskutieren.

Insofern ist der Antrag der SPD aktuell und auch klar parteilich. Danke für den Aufschlag und die Initiative.
Schade finde ich, dass dieser Antrag mit den vielen Akteuren gegen Armut nicht abgestimmt wurde. Das kann der nächste Sozialausschuss nachholen.

Lassen sie mich dazu einige Bemerkungen machen, die in dem Antrag der SPD nicht wieder zu finden sind.

  1. Die Caritas betreibt seit vielen Jahren eine NRW-Armutskonferenz, in die sie regelmäßig Betroffene einlädt, um mit ihnen gemeinsam zu beraten:
    Was kann man gegen Armut konkret tun? Hier ist der Gedanke der Selbstorganisation von armen Menschen m. E. von ganz zentraler Bedeutung.
    Dieses Moment einer Strategie fehlt im SPD-Antrag, aber auch im Verwaltungshandeln der meisten öffentlichen Verwaltungen. Unsere neue Sozialamtsleiterin packt dieses Thema gerade an.
  2. Vielleicht können sie sich an die letzte Ratssitzung erinnern, auf der mein Kollege Kockerbeck auf das Projekt OMZ hingewiesen hat, bei dem der Gedanke der Selbstorganisation eine große Rolle spielt.

Generell müssen wir im Kampf gegen Obdachlosigkeit aktiver werden. Die Zahlen haben sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt.
Auch darüber brauchen wir eine breite Debatte.

  1. Ich finde, Armut auf Teilhabe zu konzentrieren viel zu eng gefasst. Das ganze Thema Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung gehört dazu.
  2. Das Land NRW hat für das Thema Armut keine Strategie. Die Kürzungen bei den Arbeitslosenzentren sind eine Frechheit. Hier muss die Stadt Köln schnell aktiv werden.
    Wir müssen solche Projekt wie „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ schützen und weiter fördern. Die frühere Ratsfrau Brigitte Erdwig dürfen wir nicht alleine lassen. Das Agieren von Jamaika im Sozialausschuss zu dieser Frage war unterirdisch. Eine Protestresolution hat Schwarz-Grün über mehrere Sitzungen immer wieder verhindert.
  3. Die Kinderarmut können wir langfristig nur zurückdrängen, wenn es uns gelingt die Schulen in diesen Prozess mit einzubeziehen. Wir brauchen nicht nur gesundes Mittagessen an den Schulen, sondern viel mehr Schulsozialarbeit. Auch dieses Thema muss einen viel höheren Stellenwert erhalten. Die Angebote Schule und Soziales müssen gebündelt werden.

Danke für die Anregungen mit diesem Antrag. Packen wir´s an.