Klimaangepasster Wohnungsbau

Michael Weisenstein

Die wachsende Stadt braucht mehr Wohnungen

Immer mehr Menschen ziehen in die großen Städte und in das jeweilige Umland. Das Rheinland ist eine Wachstumsregion. Immer mehr Menschen aus Nordrhein-Westfalen, dem Bundesgebiet und aus dem Ausland wollen oder müssen aufgrund ihres Arbeitsplatzes in die Region zwischen Düsseldorf und Bonn wohnen. Besonders groß ist der Ansturm auf Köln. Es wird mit einem Zuwachs auf bis zu 1,2 Millionen Einwohner/innen gerechnet.

Gleichzeitig steigt die Anzahl der Single Haushalte. Fast jeder zweite Haushalt in Köln wird von nur einer Person bewohnt. Aufgrund des hohen Anteils der Einpersonenhaushalte, aber auch aufgrund von höheren Standards beim Wohnen ist die Pro-Kopf-Versorgung mit Wohnraum stark angestiegen und liegt bei knapp unter 40 qm pro Person. Im Vergleich: Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren es unter 20 qm pro Person.

Ein intensiver Wohnungsneubau ist unausweichlich, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Die Sollzahlen im Wohnungsneubau werden regelmäßig verfehlt. Die Bundesregierung hat ihr Ziel, in 2015 mindestens 400.000 Wohnungen zu schaffen, um 100.000 verfehlt. In Köln wurden von den angedachten 6.000 Wohnungen weniger als 4.000 gebaut. Besonders schlimm ist die Deckungslücke im preiswerten Segment in Köln. Die Stadt Köln hat im Jahr 2015 ein reales Minus von über 1.000 Sozialwohnungen zu verzeichnen. Weniger als 7 % der Kölner Wohnungen sind preisgebunden. Fast die Hälfte der Bevölkerung hat einen Anspruch auf eine preisgebundene Sozialwohnung. Neubau von dauerhaft preisgünstigen Wohnungen in öffentlicher Hand oder genossenschaftlicher Hand ist im großen Stil ist unausweichlich!

Gleichzeitig muss dem Klimawandel entgegen getreten werden. Nur wenn es gelingt den fortschreitenden Klimawandel aufzuhalten und die negativen Folgen des Klimawandels abzufedern, werden die Großstädte im Rheinland lebenswert bleiben. Hohe Temperaturen, wochenlang anhaltende Hitzewellen mit Temperaturen bis zu 40 Grad werden in den nächsten Jahren vermehrt auftreten. Insbesondere in der Kölner Bucht wird sich die Anzahl der Nächte, in welchen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, verdoppeln. Diese hohen Temperaturen bedeuten für gesunde Menschen eine Einschränkung der Lebensqualität. Für Alte und Kranke können diese Extremtemperaturen lebensbedrohlich sein.

Es wird immer öfter Starkregenereignisse geben, bei welchen in kurzer Zeit sehr viel Regen fällt. Die Kanalisation muss dementsprechend ausgebaut sein. Es muss ausreichend unversiegelte Flächen geben, damit das Wasser vom Boden aufgenommen werden kann.

Wir brauchen die kompakte Stadt Köln

Innenverdichtung vor Außenentwicklung ist das richtige Motto einer modernen Stadtentwicklung. In den letzten Jahren wurden Baulückenprogramme und Nachverdichtungen durchgeführt. Nun steht die Nachverdichtung der Siedlungen aus den 50er und 60er Jahren des vergangen Jahrhunderts an. Das Potential muss ausgeschöpft werden.

Dennoch: Mehr als 50.000 neue Wohnungen werden bis 2030 gebraucht. Es ist kaum vorstellbar, dass dies ohne die Ausweisung neuer Baugebiete an der Peripherie der Stadt möglich sein wird. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass nicht mehr als 30 ha Land täglich versiegelt werden sollen, 1999 wurden täglich ca. 129 ha verbraucht. Im Jahr 2015 sind es noch 66 ha am Tag. Wenn Köln einen Beitrag zu dem 30 ha-Ziel leisten will und trotzdem 50.000 neue Wohneinheiten bauen wird, muss höher und dichter als bisher gebaut werden. Auf den Bau von Einfamilienhäusern muss gänzlich verzichtet werden. Es dürfen keine Flächenversieglung für PKW Stellplätze und Autogaragen vorgenommen werden.

Die Instrumente des Baurechts müssen auf kommunaler Ebene ausgeschöpft werden, um den Pro Kopf Verbrauch von Wohnraum einzudämmen zum Beispiel mit §9 (1) S. 1 BauGB.

Bei der Ausweisung von neuen Wohnbauflächen ab 1 ha müssen verbindliche Klimagutachten erstellt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die neue Siedlung keine Frischluftschneisen behindert. Die neuen Siedlungen müssen mit begrünten Dächern und Fassaden ausgestattet werden, Trinkwasserbrunnen und ruhige, kühle Gebiete müssen in und in unmittelbarer Nähe der Neubaugebiete eingerichtet werden. Wenn immer dichter und höher gebaut wird, muss auch eine Möglichkeit eingeräumt werden, dass die Bewohner/innen in unmittelbarer Nachbarschaft ruhige und schattige Gebiete zur Erholung aufsuchen können. Diese Grünanlagen müssen öffentlich sein und für jede(n) nutzbar. Die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge in und um die Siedlung ist auf maximal 30 km/h zu begrenzen, um Lärm für die Bewohner/innen zu minimieren, und um die Sicherheit der Menschen zu erhöhen. Die Nahversorgung muss optimal sein. Die Siedlungen müssen sehr gut an den ÖPNV angebunden sein, sodass klimaschädliche Autofahrten nur selten notwendig werden.

Dezentrale Energieversorgung ist effektiv und damit klimafreundlich. Deswegen braucht die Siedlung der Zukunft dezentrale Energieversorgung. Der Anteil der fossil gewonnen Energie sollte dabei möglichst gering sein.

DIE LINKE bekennt sich zum  sozialen und ökologischen Siedlungsbau. Folgende Fragen müssen die Siedlungsentwicklung begleiten:

  • Wie dicht und hoch kann gebaut werden?
  • Ist es möglich, Arbeitsplätze in der Siedlung zu schaffen?
  • Sind die Bedürfnisse von älteren und mobilitätseingeschränkten Personen bedacht?
  • Wie sind negative klimatische Auswirkungen möglichst gering zu halten?
  • Wie viel öffentliches Grün kann entstehen?
  • Wie funktioniert eine gute Nahversorgung?
  • Was ist zu tun, damit sich Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen diese Wohnungen auch leisten können?
  • Wie sind Investoren für die Schaffung von Infrastruktur (ÖPNV, Kita, Grundschule, Gemeinwesenzentren) einzubeziehen?