Karl Marx im Stadtbild sichtbar machen!

Gisela Stahlhofen

Rede in der Ratssitzung am 03.05.2018

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben ja jetzt schon viel zu Karl Marx gehört, darum ich möchte mit einem Gedicht eines  Weggefährten von Karl Marx beginnen.

Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapoppeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es gereint,
Das Volk den großen Lümmel.

Ich kenn die Weise, ich kenn den text,
Ich kenn auch die Herrn Verfasser
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Ein neues Lied, ein besseres Lied
O Freude, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Wir wollen auf Erden glücklich sein
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch
Was fleißige Hände erwarben.

Diese Zeilen sind, sie haben es sicher erraten, von Heinrich Heine, der mit Karl Marx unter anderem gemeinsam für das Sozialdemokratische Blatt „Vorwärts“ schrieben.

In meiner Rede zum Heinrich Böll–Antrag hatte ich die Bitte geäußert, dass wir fraktionsübergreifend in diesem Jahr die Bedeutung von Karl Marx ins Stadtbild rücken wollen. Heinrich Böll reklamierte schon 1961: „Warum hat Köln kein Marx-Denkmal?“ schrieb er 1961. „Will Köln seine kommunistische Vergangenheit, seine Bedeutung für die sozialistische Bewegung, verleugnen? Das wäre schade. Immerhin waren’s rheinische Liberale, die Marx das Kapital gaben, um gegen den Kapitalismus zu schreiben. Das waren noch Zeiten!“

Umso erfreulicher ist es, dass wir dazu diesen fraktionsübergreifenden Antrag heute hier beschließen können.

Die beiden Hauptschriften von Karl Marx "Manifest der Kommunistischen Partei" und  "Das Kapital. Erster Band" gehören zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Wobei ersteres zeitweilig öfter gedruckt wurde als die Bibel und letzteres als eines der  einflussreichsten Bücher der Menschheitsgeschichte gilt. Seine Relevanz hat es bis heute behalten. Das räumte auch unser Kardinal Rainer Maria Woelki als Hauptredner anlässlich der Sportrede am letzten Freitag in der Piazzetta ein.

Karl Marx und Köln stellen eine untrennbare Verbindung dar. Man muss sein Schaffen aus der damaligen Zeit heraus sehen und das Verhältnis zu den damaligen Stadtvätern war nicht ungetrübt, Frauen kamen in den städtischen Gremien noch nicht vor. Das was wir heute unter Transparenz, Demokratie und Pressefreiheit verstehen hat Karl Marx vorbereitet, stieß aber zu seiner Zeit auf wenig Verständnis, dafür auf unverhohlener Zensur. König Friedrich Wilhelm der IV bezeichnet Marx als „die Hure vom Rhein“ und entzog ihm die Druckerlaubnis „wegen Zügellosigkeit des Ausdrucks und Gesinnung. Die Folge war, , dass er wegen seiner Reden und Schriften nach Paris fliehen musste.

Aber die Geschichte geht ja weiter und als Marx und Engels kehrten im April 1848 aus Paris nach Deutschland zurück um die März-Revolution 1848 voran zu bringen, ziehen sie ausdrücklich nicht in die preußische Hauptstadt Berlin, sondern nach Köln, wo sie die Rheinische Zeitung wiederbeleben wollen.

Dies tun sie durch Gründung der „Neuen Rheinischen Zeitung“, in die Marx seine gesamten Ersparnisse steckt.  Marx wird Chefredakteur der neuen Zeitung, Engels sein Stellvertreter. In dieser Redaktion entsteht neben vielen anderen Texten ein Flugblatt, das eine Reihe hochmoderner Forderungen enthält:

„Ganz Deutschland wird zu einer einigen, unteilbaren Republik erklärt. – Jeder Deutsche, der 21 Jahre alt ist, ist Wähler und wählbar. – Die Volksvertreter werden besoldet, damit auch der Arbeiter im Parlament des deutschen Volkes sitzen könne. – Die Gerechtigkeitspflege ist unentgeltlich.“

Am 6. Mai 1849 verlas Marx im überfüllten Gürzenich sein „Manifest der Kommunistischen Partei“, in dem die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaften“ als „Geschichte von Klassenkämpfen“ bezeichnet wurde. Kurze Zeit später ordnete die preußische Regierung seine Ausweisung an. Er musste Köln binnen 24 Stunden verlassen und floh unter falschem Namen nach Paris.

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen wenn man sich den ein oder anderen Bericht von heutigen Flüchtlingen durchliest.

Über die Orte an denen wir auf Karl Marx in Köln aufmerksam machen können haben wir auch schon vieles gehört. Sie haben allerding die Apostelstraße vergessen. Dort wohnte Marx in Wohnhaus an dessen Platz heute die Konrad Adenauer Büste steht. Keine Sorge, wir wollen die beiden Herren nicht austauschen.