Fauler Deal bei den Sonntagsöffnungen

Der Gesetzgeber lässt nunmehr mit der Neufassung des § 6 Abs. 1 LÖG NRW eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen zu, wenn hierfür ein öffentliches Interesse besteht. Die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen den für die Ladenöffnung sprechenden Gründen und dem Schutzgut des Sonn-und Feiertagsschutzes ist nach wie vor nicht entbehrlich. Die in § 6 Abs. 1, Satz 2 Nr. 1 bis 5 LÖG NRW aufgeführten Gründe müssen hier in besonderer Weise betroffen sein. Unverändert gilt, dass das bloße Umsatzinteresse nicht ausreichend ist. 

Erfreulich an dem Änderungsantrag der CDU/Grünen ist, dass zumindest eine Reduzierung der Sonntagöffnungen vorgenommen worden ist. Wenn man sich jedoch im Detail mit den verbliebenen Sonntagsöffnungen näher befasst, stellt sich die Frage, wie die Auswahl vorgenommen worden ist. Ich möchte das exemplarisch an den Sonntagsöffnungen im Severinsviertel festmachen. Beantragt wurden von der Interessengemeinschaft Severinsviertel zum einen eine Sonntagsöffnung für die erstmalige Vorstellung einer App (multimediale Geschichtsmeile) am 04.11.2018 und die erstmalige Präsentation der Weihnachtsbeleuchtung am 09.12.2018. Entschieden haben sich CDU/Grüne für die Einführung der App. Der Vergleich der Anträge der lässt jedoch inhaltlich keinen Unterschied erkennen. Für beide Sonntagöffnungen sieht die Verwaltung weder einen Zusammenhang zu einer Veranstaltung noch kommt als Begründung die Steigerung der überörtlichen Sichtbarkeit der Kommune als attraktiver Standort insbesondere für den Tourismus in Frage. Folglich können nur noch die Nr. 2-4 der neuen Fassung des § 6 LÖG zur Begründung herangezogen werden. Die Ausführungen hierzu sind bei den beiden Sonntagsöffnungen nahezu identisch. Bei den Besucherprognosen soll die Veranstaltung am 16.12.2018, die nicht stattfinden soll, sogar attraktiver sein.

Zu Begründung der Sonntagsöffnung für die Einführung der App wird die Stärkung des Standortes herangezogen, damit der Einzelhandel auch weiterhin konkurrenzfähig ist. Die Sonntagsöffnung für die Weihnachbeleuchtung wird damit begründet, dass es einen deutlichen Rückgang der Betriebe gäbe und es absolut notwendig sei, die Attraktivität des Severinsviertel zu stärken, oder mindestens zu erhalten. Weiterhin wird die Einführung der App damit begründet, dass durch die Sonntagsöffnung die Attraktivität des Veedels erhöht und somit auch der Tourismus und die Lebensmittelgeschäfte gestärkt werden sollen. Die Sonntagöffnung anlässlich der Weihnachtsbeleuchtung wird mit der allgemeinen Erhöhung der Attraktivität des Veedels und der Stärkung der Lebensmittelgeschäfte begründet.

Soweit immer wieder als Begründung für Sonntagsöffnungen die Konkurrenz zum Online-Handel angeführt wird, ist es wenig nachvollziehbar, wenn es dann bei diesen Sonntagsöffnungen um die Stärkung der Lebensmittelgeschäfte geht. Lebensmittelmärkte müssen sich mit der Internetkonkurrenz nicht messen. Aktuelle Zahlen belegen, dass der Online-Handel im Lebensmittelbereich nicht die Erwartungen erfüllen konnte (wie z.B. Amazon Fresh). Die Gegenüberstellung soll zeigen, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb eine Sonntagsöffnung die Voraussetzungen des § 6 LÖG erfüllt und die andere nicht. Beide beantragten Sonntagsöffnungen entsprechen nicht den Voraussetzungen.

Die Verwaltung hat die Begründung der Interessengemeinschaft vollständig übernommen. Allerdings obliegt es der Verwaltung, sich Gewissheit über die tatsächlichen Begebenheiten im Bereich der Sonntagsöffnung zu verschaffen, weil nur auf dieser Grundlage die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung und ihre gerichtliche Überprüfung möglich ist, so das OVG NRW. Konkrete Feststellungen zu den mit der Verkaufsstellenöffnung im Severinsviertel im Einzelnen verfolgten Gemeinwohlinteressen, deren Bestimmung und Gewichtung, sind vorliegend von der Veraltung nicht getroffen worden. Das gilt im Übrigen für alle weiteren Sonntagsöffnungen. Daher können wir der Beschlussvorlage und dem Änderungsantrag bis auf die Sonntagsöffnung in Braunsfeld nicht zustimmen.