Die Erhöhung der KiTa-Gebühren ist unsozial, bildungspolitisch falsch und zum Ausgleich des Haushalts unnötig

Heiner Kockerbeck
RatRedenThema Haushalt

Rede in der Haushaltssitzung des Rates am 23.06.2015

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

mit der neuen Gebührenordnung für KiTas und für den Offenen Ganztag an Grundschulen sollen die Einnahmen der Stadt pro Jahr um rund 2,5 Millionen Euro verbessert werden. DIE LINKE ist natürlich sehr dafür, die Einnahmen der Stadt zu erhöhen, anstatt dass bei den Ausgaben weiter gekürzt wird, also bei den sozialen und kulturellen Leistungen, die der Mehrheit der Kölnerinnen und Kölner zugute kommen. Aber ganz entscheidend ist doch, wer genau die Mehreinnahmen bezahlen soll. Entscheidend ist für DIE LINKE, ob Gebühren sozial gerecht sind und der Sache dienen. Ich meine: Beide Kriterien treffen hier nicht zu.

Nach der vorliegenden Gebührentabelle zahlt eine alleinerziehende Mutter mit einem Jahresgehalt von 18.000 Euro - rund 1500 Euro brutto im Monat - für ihr unter zwei Jahre altes Kind in einer städtischen KiTa bei Vollzeitbetreuung den stolzen Preis von 68 Euro im Monat. Hinzu kommen noch 50 Euro für das Mittagessen. Diese Gebühr von monatlich 120 Euro wird aktuell nicht erhöht. Aber für ein begrenztes Gehalt ist das eine sehr hohe Summe: 120 Euro im Monat. Die Stadt verlangt hier den Beziehern geringer Einkommen sehr viel ab. Wer meint, Bildung - auch in der KiTa - sollte nicht vom Geldbeutel abhängen, darf dies nicht tun.

Die Brisanz solcher Gebühren für Bildung ergibt sich aus der sozialen Schere, die zwischen Reich und Arm seit Jahren auseinandergeht. Das DIW (das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung) hat aktuell in einer Studie nochmals darauf hingewiesen, dass die unteren 40% der Einkommensbezieher seit dem Jahr 2000 deutliche Reallohnverluste hinnehmen mussten und ein gesteigertes Armutsrisiko besitzen - gerade Alleinerziehende und junge Erwachsene bis 35 Jahre. Diese Teile der Bevölkerung mit Gebühren hoch zu belasten ist also alles andere als sozial.

Im höheren Bereich der Einkommensskala zahlen Beschäftigte mit einem vier-, fünf-, sechsmal höheren Einkommen bald deutlich mehr: Eine Familie mit einem Jahresgehalt von 78.000 Euro und mehr zahlt bald monatlich 532 Euro für Vollzeitbetreuung, wer 100.000 Euro und mehr verdient, zahlt bald 638 Euro - und das Mittagessen.

Das scheint sozial und gerecht zu sein - ist es aber nur auf den ersten Blick. Es schadet den städtischen KiTas als Bildungseinrichtungen. Bei genauer Betrachtung führen die Gebühren dazu, dass Eltern mit höherem Einkommen sich vermehrt aus öffentlichen Kindergärten verabschieden und ihre Kinder in private Einrichtungen schicken. Die soziale Trennung der Kinder im Bildungssystem schreitet dadurch voran. Sie ist in Deutschland durch die unterschiedlichen Schulformen ab dem 10. Lebensjahr, verglichen mit anderen Ländern Europas, sowieso sehr stark ausgeprägt. DIE LINKE möchte dagegen Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Milieus zusammenbringen. Nur so können Kinder und Jugendliche gesellschaftliche Vielfalt kennenlernen und in größtmöglicher Solidarität mit anderen aufwachsen.

Gebühren für KiTas, auch sozial gestaffelte, sind aus den beschriebenen Argumenten unsozial. Sie belasten niedrige Einkommen zu stark und schaden den Bildungszielen. Wer KiTas als öffentliche Bildungseinrichtungen, nicht nur als Betreuungseinrichtungen, ernst nimmt, sollte deshalb kostenfreie Bildung für alle verwirklichen, von der KiTa bis zur Hochschule. DIE LINKE ist natürlich bereit, ernsthafte Schritte in diese Richtung jederzeit zu unterstützen.

Um die Einnahmen der Stadt zu erhöhen, hat DIE LINKE Köln übrigens praktikable Vorschläge gemacht. Mit diesen könnte man leicht die 2,5 Millionen Gebührenerhöhung vermeiden und die Gebühren sogar sofort senken. Ich nenne drei Beispiele:

  1. Das Finanzamt hat nicht genügend Mitarbeiter. Deshalb entgehen der Stadt Köln jedes Jahr Millioneneinnahmen bei der Gewerbesteuer. Bislang hat Köln sechs Betriebsprüfer angestellt, um Steuertricks der Unternehmen aufzudecken. Jeder Betriebsprüfer sorgt für Mehreinnahmen von einer Million Euro. Verdoppelt die Stadt die Zahl der Betriebsprüfer auf zwölf, würde dies - vorsichtig geschätzt - Mehreinnahmen von 4,5 Millionen Euro ausmachen. Dies würde auch der Stärkung der Steuermoral dienen.
  2. Jedes Jahr muss die Stadt Millionen Euro für externe Beauftragungen ausgeben, zum Beispiel für Gutachten über den Zustand Kölner Brücken. Würde die Stadt diese Aufgaben selbst erledigen, wäre das - je nach Bereich - ein Drittel bis die Hälfte günstiger. 1,5 Millionen Euro könnten eingespart werden. Denn es fiele der Gewinn fort, den private Gutachten- und Beratungsfirmen erzielen wollen.
  3. Wenn die Gewerbesteuer nur wenig, nämlich um 15 Hebepunkte auf 490 Hebepunkte angehoben würde - diese Höhe gilt seit 2013 in Bonn - dann würden die Einnahmen sogar um 24 Millionen Euro verbessert.

Sie sehen, die KiTa-Gebühren, die erhöht werden, um bei der Masse der Bürgerinnen und Bürger Millionen Euro einzunehmen, sind nicht nur sozial bedenklich und für die KiTas als Bildungseinrichtungen schädlich - sie sind auch haushaltspolitisch unnötig. DIE LINKE lehnt sie deshalb ab.