Brückensanierung: NRW-Finanzminister Walter-Borjans rechnet anders als Roters

Wolfgang Lindweiler

Für Ende Januar hatte der DGB NRW zu einer prominent besetzten Veranstaltung über die Finanzierung von Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur geladen. Auf dem Podium saßen neben dem NRW-Finanzminister Walter-Borjans Prof. Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstitut IMK, der stellvertretende Kölner IHK-Geschäftsführer Ulrich Soénius und Wittich Rossmann, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Köln. Wie aktuell sich diese Frage den rund 70 Teilnehmer*innen wenige Tage nach dem Vorstoß von OB Jürgen Roters, mit Renditegarantien um die 7 Prozent private Investoren an der Sanierung der kommunalen Brücken in Köln zu beteiligen, stellen würde, war zum Zeitpunkt der Einladung nicht absehbar. Gestellt wurde die Frage nach der Haltung zu Roters Sonderangebot an die Versicherungswirtschaft nicht ausdrücklich, dafür aber indirekt auch von NRW- Finanzminister Walter-Borjans überraschend eindeutig beantwortet:

Für den Veranstaltungsort Köln hatte sich der DGB nicht zufällig entschieden, denn mit der maroden Brücke der A1 zwischen Köln und Leverkusen und den LKW-Sperrrungen auf den innerstädtischen Brücken ist unsere Stadt bundesweit zu einer Art Symbol für verrottende Infrastruktur im Land der 'schwarzen Null' geworden. Dass eine einseitig auf den Abbau der öffentlichen Verschuldung ausgerichtete Austeritätspolitik der 'Schuldenbremse' die Hauptursache dafür ist, dass die öffentlichen Haushalte und besonders die Kommunen nicht einmal die notwendigsten Unterhaltungsinvestitionen stemmen können, stellte Prof Horn überzeugend dar: Er befürwortete einen Fonds mit Bundesmitteln für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, da angesichts niedriger Zinsen dem Bund eine Finanzierung zu fast null Prozent Zinsen möglich ist. Demgegenüber steht auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen, denn: "Für jeden Euro, den man in die öffentliche Infrastruktur investiert, bekommt man mindestens 1,20 Euro zurück." Sollte die Schuldenbremse eingehalten werden, seien Steuererhöhungen nötig, um öffentliche Investitionen wieder möglich zu machen.

Überraschend weitgehend machte der - per Grundgesetz an die Umsetzung der Schuldenbremse gebundene - NRW-Finanzminister Walter-Borjans deutlich, dass er grundsätzlich die Analyse von Prof. Horn teilt - und beschrieb nachdrücklich, wie ihn die bundesrechtlichen Beschränkungen der Schuldenbremse und der Druck einer auf die 'schwarze Null' fixierten Wirtschaftspresse daran hindern, dieser Einsicht in der praktischen Politik auch zu folgen. "Dass zur schwäbischen Hausfrau auch ein Mann gehört, der für den Daimler und das 'Häusle' einen Kredit aufnimmt, das sagen diese Leute nicht", brachte er seinem Unmut bildlich auf den Punkt.

Als möglichen Ausweg aus dem austeritätsbedingten Investitionsstau deutete er die Möglichkeit an, kreditfinanziertes Sondervermögen der öffentlichen Hand außerhalb der unmittelbaren Geltungsbereiche der Schuldenbremse zu schaffen. Und anders als DIE LINKE, die den Ausverkauf öffentlichen Eigentums konsequent ablehnt, wollte Walter-Borjans trotz erkennbarer Sympathien für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer private Beteiligungen daran nicht grundsätzlich ausschließen.

Dennoch müssen OB Roters die Ohren geklungen haben, als sein Parteifreund als klare Voraussetzung für solche privaten Beteiligungen formulierte: "Wenn ich einen öffentlichen Kredit für zwei Prozent bekommen kann, und ein Investor 7 Prozent Rendite will, dann denke ich über eine private Beteiligung nur dann nach, wenn ein Investor Know-How mitbringt, so dass die Investition insgesamt günstiger dargestellt werden kann. Sonst zahlt der Steuerzahler für die privaten Profite schlicht drauf."

So offensichtlich diese Rechnung auch für Roters' Vorschlag privater Beteiligung an den Kosten der Sanierung Kölner Brücken gilt, so unausgesprochen blieb diese schlichte Wahrheit.

Sympathie für den Vorschlag von Roters ließ wenig überraschend nur der IHK-Vertreter Soénius durchblicken, da sich anders seine Forderung nach auch für die Wirtschaft dringend notwendigen Investitionen ohne höhere Steuern für Unternehmen und Vermögende nicht aufrecht erhalten lässt.

Dass noch vor gut einem Jahr in der Kölner Verbandszeitschrift 'IHK plus' ein Kölner Unternehmer mit dem Vorschlag einer zumindest befristeten Gewerbesteuererhöhung zur Brückensanierung zitiert wurde, überging er dabei stillschweigend. Dass für den Sanierungsstau die Kölner Unternehmen jetzt mit Mehrkosten für längere Fahrzeiten und Umwege ebenso draufzahlen wie die Umwelt durch den zunehmenden LKW- Verkehre und die Beschäftigten durch längere Wegezeiten, darin waren sich die Beteiligten zwar einig; über die Finanzierungswege steht der Stadtgesellschaft allerdings noch eine harte Auseinandersetzung bevor.