Bau der Messehallen I

Jörg Detjen
Reden

Die EU-Kommission ist zu der Meinung gekommen, dass der Bau der Messehallen rechtswidrig gewesen ist.

(Stadtkämmerer Peter Michael Soénius: Völliger Quatsch!)

Eine große Tageszeitung hat Ihnen, Herr Oberbürgermeister, vorgeworfen, dass Sie das Urteil und seine Auswirkungen verharmlosen würden. Ihr Pressesprecher ist noch ein Stück weiter gegangen: Die ?Aachener Zeitung? vom 13. Oktober zitiert ihn mit dem Satz: Unter den damaligen Voraussetzungen war das Angebot der Oppenheim-Esch- Gruppe das vorzüglichste. Würden Sie, Herr Oberbürgermeister, unter heutigen Gesichtspunkten das Geschäft auch noch als vorzüglich betrachten?

(Karl Klipper [CDU]: Ja!)

Ich frage Sie, Herr Oberbürgermeister und Herr Stadtkämmerer, aber auch die Fraktionsspitzen, Herr Klipper, Herr Börschel, Frau Moritz und Herr Sterck: Würden oder werden Sie solche Geschäfte wieder tätigen? - Herr Klipper, wenn ich mir Ihre Beiträge anhöre, befürchte ich, dass Sie das gerne noch einmal tun würden. Wenn Sie in dem Fall Gelassenheit verkünden, so entgegne ich: Schon heute steht fest, dass der Stadt Köln Schaden zugefügt worden ist.

(Stadtkämmerer Peter Michael Soénius: Quatsch!)

 Es ist zu befürchten, dass eines Tages die Kölnerinnen und Kölner Ihre Gelassenheit teuer bezahlen müssen. Oberbürgermeister und Kämmerer haben sich von RTL und von Esch- Oppenheim massiv unter Druck setzen und einschüchtern lassen.

(Karl Klipper [CDU]: Gott sei Dank, dass wir diese paar tausend Arbeitsplätze hier haben!)

Es wurde fahrlässig gehandelt: Das Vergabeamt und das Rechnungsprüfungsamt wurden in die Entscheidungsprozesse nicht miteinbezogen und es wurden Hinweise auf eine europaweite Ausschreibung zielstrebig missachtet.

Die kommende Ausgabe der ?StadtRevue? zitiert ein Gutachten von Ernst & Young vom Oktober 2003, das für die Messe erstellt worden ist. Es heißt in diesem Gutachten - ich zitiere: Eine öffentliche Ausschreibung nach Ansicht der Kölnmesse GmbH ist nicht erforderlich. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass dieser Sachverhalt weder von der Messe GmbH noch von Ernst & Young rechtlich abschließend geprüft wurde, sodass hierfür keine Haftung für die Richtigkeit dieser Aussagen übernommen werden kann.

(Karl Klipper [CDU]: Ist doch logisch! Das würde ich auch machen, wenn ich es nicht prüfe!)

Ich frage: Wie kann die Verwaltung diesen Hinweis übersehen haben? Die EU-Kommission hat die Stellungnahme des RP vom Januar 2006, in der dieser auf der Seite 8 von ?kein öffentlicher Auftraggeber? spricht, vom Tisch gefegt. Denn die EU-Kommission stellt dort fest, dass es sich um einen öffentlichen Bauauftrag handele. Herr Oberbürgermeister, wenn Sie in Ihrer Stellungnahme in der Presseerklärung aber noch heute von einer vorläufigen Rechtsauffassung der EU-Kommission sprechen, dann haben Sie die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Wenn Sie die EU-Mitteilung einmal durchsehen, dann können Sie genau nachlesen, dass die Bundesrepublik diesbezüglich angeklagt werden wird.

Wie können Sie übersehen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 2003 Baron Dr. Alfred von Oppenheim Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Messe war und gleichzeitig als Bankier und persönlicher Investor in Erscheinung getreten ist? Jetzt wollen Sie uns auch noch mit Ihrem Wirtschaftsgutachten verkaufen, dass der Esch- Oppenheim-Fond das eigentliche Risiko tragen würde. - So konnte man das der ?Kölnischen Rundschau? entnehmen, wo man mehr weiß als die Mitglieder des Rates der Stadt Köln.

(Jörg Frank [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat mich auch überrascht! - Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Komisch!)

Da lacht ganz Köln bitter, weil die Kölnerinnen und Kölner dieses Risiko, das dann ab 2012 auf den Haushalt zukommt, tragen werden. Schon heute müssen die Kölnerinnen und Kölner den millionenschweren Extraprofit des Esch-Fonds und morgen vielleicht die hohen Schadensersatzforderungen zahlen. Köln sollte den Investoren des Esch-Fonds, dem rheinischen Geldadel - schauen Sie sich einmal diese Liste von 27 Leuten des Geldadels an - deutlich machen, dass wir uns das nicht bieten lassen. Wenn wir aus rechtlichen Gründen nicht beschließen können, keine Geschäfte mit dem Esch-Fond zu machen, so müssen wir es eben dann einfach praktizieren, mit diesen Leuten keine Geschäfte mehr zu machen.

Herr Oberbürgermeister, und wenn Sie die schwarzen Schafe nicht schnell aussortieren, dann müssen wir im Rat der Stadt Köln über eine Erhöhung der Gewerbesteuer sprechen. Dann sollten wir aber nicht über eine Zwanzig- oder eine Dreißigpunkteerhöhung, wie es Herr Soénius einmal vorgesehen hatte, sondern über eine Fünfzigpunkteerhöhung reden. Denn wir müssen Geld horten, damit wir irgendwann die Schadensersatzforderungen bezahlen können. Sie müssen einmal mit diesen Kapitalisten ein deutliches Wort reden.

(Winrich Granitzka [CDU]: Sie machen den Leuten doch nur Angst, Herr Detjen! Sie wollen doch nur Angst schüren!)

Wenn wir den größtmöglichen Schaden für die Kölnerinnen und Kölner abwenden wollen, dann müssen wir klug und zielstrebig handeln. Der Rat der Stadt Köln sollte sich nicht hinter der Bundesregierung verstecken. Deswegen sollten wir, nachdem die Bundesregierung Stellung bezogen hat, einen Plan entwickeln, wie die Verwaltung verschiedene Sachen prüfen soll. Sie sollte prüfen, ob das gesamte Vertragswerk sittenwidrig ist, es zurück abgewickelt werden kann und so weiter.

(Zurufe: Zeit ist um!)

Herr Oberbürgermeister, lassen Sie mich noch ein Wort sagen. Oberbürgermeister Fritz Schramma: Nein. Sie sind schon über die Zeit, ich stelle Ihnen das Mikrofon aus; das tue ich bei den anderen auch. - Entschuldigung.

(Oberbürgermeister Fritz Schramma stellt das Mikrofon aus während Jörg Detjen [Die Linke.Köln] mit seiner Rede fortfährt)

(Jörg Detjen [Die Linke.Köln]: Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss ein Wort zu pro Köln sagen. Wir finden es widerlich, wie diese braune Gruppe an diesem Thema operiert! Und wenn Sie ihre populistischen Forderungen nach demokratischen Inhalten prüfen, werden Sie keine finden, sondern die blanke, braune Willkür! Erst sollen Ratsmitglieder persönlich haftbar gemacht werden, dann soll der Oberbürgermeister ? bevor die Schuldfrage durch ein Urteil geklärt ist - aus dem Amt gejagt werden! So werden rechtsstaatliche und demokratische Grundsätze ausgehebelt! Kleine und große Fehler, meine Damen und Herren, nutzen diese braunen Hetzer aus! Lassen Sie uns wachsam sein!

Andreas Köhler [CDU]: Unerträglich!)

(Beifall bei der Linken.Köln)

Oberbürgermeister Fritz Schramma: Wir hatten darum gebeten, dass die Redezeiten eingehalten werden. Nachdem ich Sie nun zweimal gebeten hatte, aufzuhören, habe ich das Mikrofon abgestellt.

(Zuruf von der Zuschauertribüne: Pfui! - Unruhe)