Aufhebung der Schulbezirke

Özlem Demirel

Im § 80 Abs. 2 Schulgesetztes heißt es ausdrücklich: ?Schulen und Schulstandorte sind unter Berücksichtigung anderer Schulträger so zu planen , dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können.?

Aus diesem Grund beantragt meine Fraktion, dass die Grundschulbezirke, bis zu dem längstens möglichen Zeitpunkt - sprich 31. Juli 2008 - erhalten bleiben und möchte darüber hinaus die Verwaltung beauftragen, zu prüfen, welche Steuerungsmöglichkeiten wir als Kommune haben,  einer negativen  Entwicklung durch die Aufhebung der Grundschulbezirke, entgegen zu wirken.

Denn die Festlegung von Schulbezirken hat der Kommune bis jetzt als ein zentrales Instrument zur Steuerung von Schülerströmen gedient. Sie beinhaltet die Idee der sozialräumliche Orientierung, und durch den wohnungsnahen Schulbesuch entsteht eine Verzahnung zwischen Schulleben und Stadtteilleben. Gerade in Anbetracht der Zielsetzung der regionalen Bildungslandschaften und dem Vernetzen von Schule mit beispielsweise Jugendhilfe können sie ein wichtiger Faktor sein. Zudem ist es pädagogisch sinnvoll für die ?Kleinen?, ihre Freunde und Schule in ihrer Nähe zu haben.  

Meine Herren, Meine Damen, durch die Aufhebung der Schulbezirke, werden unsere kommunalen Handlungsmöglichkeiten  stark eingeschränkt. Es könnte sein, dass für Schulen, die plötzlich großen Zulauf bekommen, neuer Raum geschaffen werden muss, während andere Schulen vielleicht wegen mangelnder Schülerzahlen geschlossen werden müssen. Dies bedeutet, dass erhebliche organisatorische Probleme auftreten könnten, die zusätzlich noch mit einem unnötigen Kostenfaktor verbunden wären. Dabei könnten wir diese organisatorischen und wirtschaftlichen Kapazitäten anderweitig für Kinder und Jungendliche besser einsetzten.  

Aber das eigentlich Wichtige und Bedenkliche sind die sozialen Probleme, die mit der Auflösung von Schulbezirken entstehen könnten. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die ohnehin sozial benachteiligten Kinder durch die Auflösung der Schulbezirke noch stärker benachteiligt werden. Kinder, die aus sozio-ökonomisch schwachen Familien kommen, ein großer Teil von diesen Familien haben Migrationshintergrund, könnten in einigen Schulen konzentriert werden und die sogenannte soziale Mischung - die es meiner Meinung nach ohnehin nicht großteilig gibt (man braucht nur die Stadtstruktur und die Mietsätze von bestimmten Stadtteilen vergleichen), würde nicht mehr gewährleistet sein.  Die soziale Selektion würde noch stärker vorangetrieben und die eindeutig von Pisa- Experten für weiterführende Schulen bewiesene soziale Benachteiligung oder auch Bevorzugung, je nach sozioökonomischen Status der Familien der SchülerInnen,  könnte auch im Grundschulbereich verstärkt werden.

Zugespitzt würde diese Situation, wenn wir dann beispielsweise in Kalk, Chorweiler oder Mühlheim Schulen mit einem 80% Schüleranteil mit Migrationhintergrund haben, dann würden uns nämlich auch die besten Sprachkonzepte nicht wirklich weiterhelfen.    

Meine Damen und Herren, die Argumentation, dass besser gestellte Familien bereits jetzt die Schulbezirke umgehen und dass die Auflösung der Schulbezirke dann auch weiten Teilen der gesellschaftlichen Schichten zugutekommen würde, ist ein Scheinargument. Es ist wahr, dass dann die finanziell gutausgestatteten Familien, in der Regel das Wählerklientel von FDP oder den Grünen, ohne großen Aufwand die Schule für ihr Kind aussuchen können. Aber wer davon ausgeht, dass ein Hartz IV- Empfänger, dem monatlich (sage und schreibe) insgesamt 20 Euro für Mobilität zur Verfügung steht, die Möglichkeit haben wird, sein Kind 5 mal die Woche von Kalk nach bsp. Marienburg zu bringen, der lebt an der Realität vorbei.

Auch die neue Profilgewinnung der Schulen durch die Konkurrenz entspricht nicht den realistischen Gegebenheiten,in denen wir uns, und schon gar nicht die Schulen, sich befinden und trägt nicht wirklich zur Verbesserung der Situation bei.  

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, im Januar 2006 hat die Verwaltung auf eine Anfrage von uns zu diesem Thema wie folgt geantwortet: ?Die Verwaltung lehnt eine verbindlich vorgeschriebene Abschaffung der Schulbezirke für Grundschulen in Köln ab. Sie folgt damit der Auffassung der kommunalen Spitzenverbände und der überwiegenden Mehrheit der Städte und Kreise in Nordrhein- Westfalen(...)? Auf eine weitere Nachfrage unsererseits, was die Verwaltung den tun würde, wenn das Gesetzt doch geändert werden sollte, antwortete der Stadtdirektor Kahlen, damals noch Schuldezernent, einen Rechtsbruch werde er nicht begehen. Naja, auch wenn ich manchmal nicht abgeneigt dazu wäre, möchte ich das natürlich auch nicht unserer neuen Schuldezernentin Klein zutrauen.

Aber im Sinne der sozialen Gerechtigkeit und der kommunalen Selbstverwaltung und Steuerung soll die Verwaltung beauftragt werden, alle Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um einer Negativentwicklung, wie ich sie eben beschrieben habe, durch die Aufhebung der Schulbezirke im Sinne unserer kleinen Mitbürger - die ihnen ja auch am Herzen liegen Herr Oberbürgermeister - zu prüfen und auszuschöpfen.