Armut in Ehrenfeld

Christoph Besser

Deutschland geht es gut. Die Wirtschaft wächst, die Steuereinnahmen sprudeln wie nie und die Beschäftigtenzahlen klettern auf nie gekannte Höhen. Doch diese Entwicklung hat einen Haken. Denn nie zuvor war das Vermögen so ungleich verteilt. Während weniger als zehn Prozent Reiche und Superreiche über die Hälfte des Vermögens in Deutschland besitzen, muss sich die Hälfte der Bevölkerung mit lediglich einem Prozent des Vermögens begnügen. Diese Kluft zwischen Arm und Reich wird auch in Köln immer größer. Der jungen Generation wird es erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik schlechter gehen als ihren Eltern. Die Abstiegsgesellschaft ist auch in Köln angekommen.

Bereits im Mai diskutierte DIE LINKE über Armut in Rheinland. Dabei wurde deutlich, dass Köln zusammen mit einigen Ruhrgebietsstädten die höchste Armutsquote in Nordrhein-Westfalen aufweist. In Köln ist seit 2010 die SGB II-Quote zwar zurückgegangen, die Armutsquote jedoch deutlich gestiegen. Für einen Singlehaushalt beziffert die Stadt Köln die Armutsschwelle mit 881 Euro.

Auch im Stadtbezirk Ehrenfeld sind die Entwicklungen zu erkennen. Während die Armutsindikatoren in allen Stadtteilen des Stadtbezirks zwischen 2010 und 2015 sinken, steigen sie in Bocklemünd/Mengenich an. Die SGB II-Quote beträgt dort mehr als 28 Prozent. 17 Prozent der SGB II-Bezieher*innen müssen aufstocken. Fast die Hälfte aller Kinder wächst mit Hartz IV auf. Der Anteil der Alleinerziehenden, die auf Hartz IV-Leistungen angewiesen ist, stieg zwischen 2010 und 2015 von zwei Drittel auf drei Viertel an. Die Langzeitarbeitslosenquote beträgt 53 Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit ist doppelt so hoch wie im städtischen Schnitt. Auch die Altersarmut ist 60 Prozent höher als im Schnitt.

Mit anderen Worten: Arme werden an den Stadtrand verdrängt. Gentrifizierung findet statt und setzt sich fort! Steigende Mieten bei einer gleichzeitig sinkenden Zahl an öffentlich geförderten Wohnungen – auch in Bocklemünd – werden Menschen auch über die Stadtgrenzen hinaus verdrängen. Schon deshalb muss der Bau bezahlbarer Wohnungen wesentlich schneller vonstattengehen und der Einsatz von Milieuschutzsatzungen konsequent voran gebracht werden.

Doch die etablierten Parteien betrachten Armut zuvorderst als ästhetisches Problem, das die Vermarktbarkeit öffentlicher Räume für touristische Zwecke und Eventhighlights einschränkt, wie die Debatte um die Änderung der Kölner Stadtordnung oder auch das „Wildcampen“ von Obdachlosen in Nippes zeigt. DIE LINKE dagegen kämpft dafür, die Lebenssituation der von Armut Betroffenen zu verbessern. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Arbeit der Sozialraumkoordinator*innen besser auszustatten, gute Kinderbetreuungsplätze in ausreichender Zahl gerade in benachteiligten Quartieren bereit zu stellen sowie den Kölnpass auszubauen und einen Umlage finanzierten ÖPNV auf den Weg zu bringen, damit die Teilhabe an den vielfältigen Angeboten in der Stadt nicht vom Geldbeutel abhängig ist. Nur so lässt sich die solidarische Stadt für alle verwirklichen!