Sie verwenden scheinbar harmlose Begriffe und verbergen dahinter menschenverachtende Praktiken!

Rede von Jörg Detjen zur Ratssitzung am 27. Juni 2024. Die AfD hatte zur Ratssitzung einen harmlos klingenden Antrag "Etablierung einer Abschieds- und Rückführungskultur" gestellt. Die Linke wollte diese perfide Mache nicht unbeachtet lassen und hielt dagegen.

Das hat Jörg Detjen gesagt:

Der Philosoph und Soziologe Theodor Adorno brachte es 1959 auf den Punkt:

dass das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie potentiell bedrohlicher sei, als das Nachleben faschistischer Tendenzen gegen die Demokratie.“

Die AfD fordert die Etablierung einer „Rückführungskultur“ und will die Verwaltung auf diesen Kurs einschwören. Auf einer Strategietagung in Potsdam wurde darüber ausführlich diskutiert. Die Öffentlichkeit war empört und verunsichert. Hunderttausende demonstrierten gegen Deportationen, für Humanismus und Menschenwürde.

Migration gibt es seit Menschengedenken, seit tausenden von Jahren. Migration findet statt als Flucht vor Kriegen, vor Hunger und Elend und jetzt auch vor der Klimakatastrophe. Seit 2000 Jahren gibt es auch gewollte Migration, wenn Menschen als Arbeitskräfte in ein Land gelockt werden.

Im 17. und 18. Jahrhundert flohen leibeigene deutsche Bauern vor Hunger und Elend vor ihren Grundherren nach Amerika - unter doppelter Gefahr, denn Fürsten und Könige verboten es ihnen bei Strafe. Bis 1800 waren eine halbe Million Deutsche nach Amerika ausgewandert. Auch sie bauten die Demokratie in Amerika mit auf, nur wenige kehrten nach Deutschland zurück.

In diese Tradition der Unfreiheit, der Aberkennung der Menschenwürde und des Zynismus stellt sich die AfD, wenn sie von „Abschieds- und Rückführungskultur“ spricht. – Das ist eine bösartige Unkultur! Sie verwenden scheinbar harmlose Begriffe und verbergen dahinter menschenverachtende Praktiken, die Einwohner*innen Deutschlands aus unserer Gemeinschaft ausschließt, sie entwurzelt und heimatlos macht. 

Die AfD schreibt in ihrem Antrag:

Des Weiteren soll sich die Oberbürgermeisterin für eine konsequente Remigrationsinfrastruktur auf Landes- und Bundesebene einsetzen. Das umfasst auch die Forderung von harten Sanktionen gegen rücknahmeunwillige Herkunftsländer der abzuschiebenden Ausländer.“

Dieser Satz hat es in sich:

1. Wie will die Oberbürgermeisterin rücknahmeunwillige Herkunftsländer sanktionieren, fragt man sich. Gemeint sind wohl der Irak und Syrien, mit denen Köln noch nicht einmal eine Städtepartnerschaft unterhält, die man dann im Sinne der AfD aufkündigen könnte. Einfach Unsinn!

2. Der Antrag der Kölner AfD ist aus einem Antrag der Bundestagsfraktion umgeschrieben. Die Bundestagsfraktion hat bereits am 28. März 2023 den Antrag 20/6184 „Rückführungsoffensive 2023 starten" eingebracht.

3. Die AfD will „Ausländer“ abschieben und dafür soll sich die Oberbürgermeisterin bei Bund und Land einsetzen. Das würde sie sicher nicht tun, auch wenn die AfD die Mehrheit im Rat hätte oder den Regierungspräsidenten stellen würde. Sie hat Zivilcourage.

Die AfD fordert die Ausweisung von „Ausländern“, wie sie es nennt.

Am 31. Dezember 2023 lebten laut Ausländerzählregister rund 13,9 Millionen „Ausländer“ in Deutschland. Darunter 1,5 Millionen Menschen aus der Türkei, 1,2 Millionen aus der Ukraine oder 640.000 aus Italien. Viele sind hier geboren. Derzeit leben 83,3 Millionen Menschen in Deutschland.

Die AfD in Köln will 17 % der Bevölkerung abschieben.

Meine Herren von der AfD, schämen Sie sich eigentlich nicht, einen so hinterhältigen und niederträchtigen Antrag Ihrer Bundestagsfraktion abzuschreiben?

Sehr geehrte Anwesende,

wir sind erzürnt über eine solche offen rassistische und menschenverachtende Politik. Solche Leute gehören nicht ins Europaparlament und schon gar nicht in den Kölner Stadtrat.

Dieser Antrag und die Konferenz in Potsdam bestätigen die Aussage von Adorno: Das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie ist eine große Gefahr.

Der Antrag wurde abgelehnt.