Nicht ablenken, liebes Ratsbündnis: Das Chaos bei den Schulen in Köln geschieht unter DEINER Regie!

RatsfraktionReden

Auf der Ratssitzung am 5. Mai fand auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Volt eine Aktuelle Stunde zum Schulanmeldeverfahren statt. Für die Fraktion DIE LINKE hat unser schulpolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender Heiner Kockerbeck gesprochen. Nach der Diskussion wurde kein Beschluss gefasst. Das Thema wurde lediglich zur weiteren Bearbeitung in die Verwaltung überwiesen.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Kolleg:innen des Rats,

es ist völlig angemessen, wenn heute im Rat einmal über die schlimme Eskalation der Probleme der letzten Monate bei den Schulen in Köln gesprochen wird. Allerdings können wir dann nicht nur über das tatsächlich aus den Fugen geratene
Schulanmeldeverfahren sprechen.

Das Leiden vieler Kinder und Eltern der letzten Monate hängt ja engstens mit dem Schulbaunotstand und dem Mangel an
Schulplätzen zusammen. Dieser besteht seit vielen Jahren.

In dieser Zeit haben Sie, verehrte Antragsteller:innen von Grünen und CDU schon lange als Mehrheitsbündnis im Rat regiert, nämlich seit 2015. Und vor 2015 bildeten SPD und Grüne die Ratsmehrheit. Deshalb ist ihr Versuch, angesichts der großen
Probleme bei Schulplätzen die Diskussion auf das Anmeldeverfahren einzugrenzen, als reine Wahlkampfveranstaltung zu werten.

Im übrigen ist es doch so: Der Rat beschließt, die Verwaltung führt aus. Warum haben gerade Sie als regierendes Ratsbündnis nicht ein anderes Verfahren frühzeitig angemahnt und eingeführt? Sie lenken von Ihrer eigenen Verantwortung ab. Die Fraktionen im Schulausschuss waren im zusätzlich seit Ende letzten Jahres über das Anmeldeverfahren vom Dezernenten, Herrn Voigtsberger, und seinen Problemen umfassend informiert worden und haben damals keinen Widerspruch eingelegt. Am 17.1. hat der Schulausschuss das Verfahren einstimmig gebilligt.

Deshalb ist es doch recht unanständig, wenn Sie in ihrem Antrag den Eindruck erwecken, nichts mit dem Anmeldechaos, zu tun zu haben. Sie hätten als regierende Parteien des Rats längst in Kooperation mit der Oberbürgermeisterin und Ihrem
Bildungsdezernenten Maßnahmen zur Vermeidung des Chaos bei den Abmeldungen ergreifen sollen. Stattdessen rufen Sie hier kurz vor den Landtagswahl "Haltet den  Dieb!"

Natürlich muss das Anmeldeverfahren im kommenden Jahr ganz anders ablaufen:

Schulplätze dürfen nicht mehr verlost werden, sondern es muss vernünftige Kriterien wie Wohnortnähe über Schulplätze entscheiden.

Das Schulgesetz muss vom Land geändert werden, um ein geordnetes Verfahren mit Wunschschulen mit organisatorischer und digitaler Unterstützung der Schulen durch die Verwaltung geben.

Es ist zu begrüßen, dass der Bildungsdezernent eben gerade auch personelle Unterstützung für die mit den Schulanmeldungen völlig überlasteten Schulsekretariate zugesagt hat.

Wenn der Rauch des Wahlkampfs sich verzogen hat, können wir dies in Ruhe im Schulausschuss diskutieren und beschließen.

Die tieferen Probleme liegen aber doch beim Kölner Schulbau. Bereits 2016 rief die damalige Bildungsdezernentin Agnes Klein den Schulbaunotstand aus, um alle Stellen der Verwaltung zu sensibilisieren. Herr Greitemann hat als Baudezernent seit seinem Amtsantritt Mitte 2018 eine Reihe ordentlicher Veränderungen durchgeführt. Die Gebäudewirtschaft wurde ein gutes Stück besser organisiert und personell aufgestockt – wenn auch nicht genügend. Und auch die großen milliardenschweren externen Vergaben von Schulbauten an Baukonzerne zeigen Wirkung. Dies ist anzuerkennen, auch wenn meine Fraktion eine andere Bauweise lieber sähe, die weniger auf Auslagerung und Teil-Privatisierung öffentlicher Aufgaben beruht.

Die bisherige Baustrategie hat hier nicht genügend gewirkt. Und es gibt vor allem ein großes Problem: Bei den Flächen, auf denen Schulen, im übrigen ja auch Kitas, gebaut werden können, herrscht in Köln großer Mangel. Hier hat ist es so, dass die
Stadt den privaten Investoren für Wohnungs- und Gewerbebau nicht entschlossen genug Schranken setzt. Denn sie wollen natürlich lieber mit teuren Wohnungen und Gewerbeflächen hohe Gewinne erzielen, als der Öffentlichkeit Bildungsinfrastruktur bereitzustellen. Hier muss Schulbau absolute Priorität vor Gewinnerwartungen von Investoren bekommen.

Wir brauchen Köln ein Flächenmanagement, durch das Grundstücke für Bildungseinrichtungen vorausschauend bereitstehen. Es darf keine großen Wohnbaugebiete geben, bei denen die Investoren nicht verpflichtet werden, Flächen für Schulen bereitzustellen, wie z.B. beim das Siemens-Areal in Ehrenfeld. In Mülheim-Süd erwarten wir von der Verwaltung, dass sie alles tut, um sich gegen Investoren durchzusetzen, damit die dort seit langem geplante Gesamtschule ein Grundstück erhält.

Zum Schluss möchte ich auf die Gesamtschulen zu sprechen kommen. Im zehn Jahren wurden mehr als 10.000 Kinder an Gesamtschulen abgewiesen. Das hat seinen Grund darin, dass das traditionelle mehrgliedrige Schulsystem, das auch das
Abschieben von Schüler:innen mit großen Lernproblemen in Förderschulen beinhaltet, sich in einer Legitimationskrise befindet. Auch aus politischen Gründen reagiert Köln seit Jahren nicht auf das geänderte Wahlverhalten von Eltern. Die
Stadtbezirke Innenstadt, Lindenthal, Nippes, Porz und Kalk weisen bis heute nur jeweils eine einzige Gesamtschule aufweisen. Und im Westen des Bezirks Lindenthal wurden bzw. werden drei Gymnasien neu eröffnet, ohne dass es in der
Umgebung dort eine Gesamtschule gibt. Deshalb ist es an der Zeit, dass natürlich Schulbau für die Schließung der Kölner Gesamtschul-Lücke höchste Priorität erhält.

Es fällt auf, dass eine Reihe von Beschlüssen für die Gründung von Gesamtschulen: Die Bezirksvertretung Lindenthal hat erneut einen Beschluss zum Grundstück am Salzburger Weg gefasst, diesmal mit dem Wunsch nach einer Gesamtschule. Auch der Schulausschuss hat dies getan.

Eine neue Gesamtschule Nippes an der Schmiedegasse ist seit Jahren beschlossen und dauert und dauert.
Es ist völlig unverständlich, dass der Beschluss, die Gesamtschule Ossendorf zeitnah auf einer Interimsfläche zu starten, innerhalb der Verwaltung blockiert werden konnte.

Deshalb zum Schluss: Ich stelle die These auf, dass kaum jemand in Köln verstehen, würde, warum der Rat allein über das Schulanmeldeverfahren spricht, angesichts der Situation in diesem Frühjahr. Beim Schulbau liegen noch weit größere Aufgaben vor der Oberbürgermeisterin und dem sie stützenden Ratsbündnis. Hier müssen Sie Ihrer Aufgabe gerecht werden, verehrte Kolleg:innen des Mehrheitsbündnisses