Hygienekonzepte umsetzen - Mehrarbeit bezahlen

AK Gesundheit und InklusionRatReden

Rede von Güldane Tokyürek zur Ratssitzung am 18. Juni 2020

Der sprunghafte Anstieg der Corona-Neuinfektionen in China und dem Iran führen uns noch einmal deutlich vor Augen, dass die Pandemie noch nicht zu Ende ist. Auch wenn sich die Situation in Deutschland und auch hier in Köln gerade sehr entspannt hat, darf es keine Nachlässigkeit in der Einhaltung von Hygieneregeln geben. Ich glaube, das ist uns allen hier bewusst.

Jeder und jede muss ihren Beitrag dazu leisten. Das Benutzen von Masken und das Einhalten der Abstandsregeln liegen in der Verantwortung jedes Einzelnen. Hier wurden Regeln erlassen und auch deutlich kommuniziert.

Aber allein durch verantwortungsbewusstes Handeln lassen sich die Aerosole, die nach heutigem Wissen den Hauptübertragungsweg des Coronavirus darstellen, nicht in dem Maße minimieren, dass Übertragungen ausgeschlossen werden können. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, über technische Lösungen zum Luftaustausch nachzudenken. Wir möchten, dass die Verwaltung hier Konzepte entwickelt und diese dann dem Rat – mit Kosten und evtl. Folgewirkungen hinterlegt – darstellt.

Welche Rolle in der Verbreitung des Coronavirus Schmierinfektionen spielen, ist noch nicht abschließend untersucht. Das sind Infektionen, die durch die Berührung von kontaminierten Oberflächen übertragen werden. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt eine tägliche Desinfektion von Oberflächen, die berührt werden, wie Türklinken oder Wasserhähne. Und daran sollten wir uns halten.

Wenn wir die Ansteckungsgefahr in öffentlichen Einrichtungen so gut wie möglich reduzieren möchten, müssen die Reinigungskräfte diese Mehrarbeit leisten. Denn das tägliche Desinfizieren und Abwischen von allen Türklinken beispielsweise gehörte – von hochsensiblen Bereichen wie in den Krankenhäusern mal abgesehen – bisher nicht zu ihren täglichen Aufgaben. Dadurch fällt mehr Arbeitszeit an. Und die muss auch bezahlt werden, wenn wir sowohl den Lastenausgleich als auch die Hygieneregeln ernst nehmen wollen.

Es gibt schließlich einen Ausgleich der Lasten, damit nicht einige Menschen überproportional unter den Folgen der Krise leiden müssen. Das muss aber auch für die Menschen gelten, die nun einen erhöhten Arbeitsaufwand durch die verschärften Hygieneregeln haben. Wenn wir ihnen nicht die nötige bezahlte Zeit geben, um ihre Aufgaben gründlich und gewissenhaft zu erledigen, riskieren wir, dass sie nicht mit der nötigen Sorgfalt erledigt werden können. Denn der nächste Job wartet schon, den die Reinigungskräfte in der Regel zum Überleben brauchen. Dass man in der Branche nicht reich wird, wissen auch Sie.

Und noch ein letztes Wort zur Eigenreinigung und Fremdreinigung. Erwiesenermaßen sind die Reinigungsleistungen besser, wenn Menschen direkt bei der Einrichtung arbeiten und nicht über eine Fremdfirma mal da und mal dort reinigen müssen. Sie kennen ihren Bereich besser und haben mehr Knowhow über die sensiblen Bereiche. Sie identifizieren sich mit der Einrichtung bzw. dem Unternehmen und entwickeln Stolz auf ihre Arbeit. Sie bleiben länger, denn die Bezahlung ist besser. Es gibt noch viele andere Argumente, die ich jetzt nicht alle aufzählen will.

Ich glaube, jetzt ist es für alle an der Zeit, die Reinigung nicht nur als Möglichkeit, ohne große Widerstände Kosten zu sparen zu betrachten. Es liegen so viele Aufgaben vor ihr: Multiresistente Krankenhauskeime, Coronaviren und möglicherweise die nächste Pandemie. Denn dass sich die SARS-Viren 2003 auf Asien beschränkten, war reiner Zufall. Auch für die Zukunft brauchen wir jetzt Hygienekonzepte, die die Reinigung stärken, und nicht die Lasten auf die einzelnen Reinigungskräfte abwälzen.