Günstige Betriebswohnungen für Altenpfleger und Pflegeangebote auf Migrant/innen zugeschnitten

Rede von Güldane Tokyürek zur Ratssitzung am 9. Juli 2019

Es herrscht Pflegenotstand in Deutschland, auch in Köln. Die wichtigsten Stellschrauben, dagegen anzugehen, liegen bei Bund und Land. Trotzdem ist es richtig, auch in den einzelnen Kommunen zu schauen, was können wir tun, um die Lage zu verbessern. Deswegen findet DIE LINKE den vorliegenden Antrag prinzipiell gut. Und wir freuen uns, dass die Antragsteller unseren Antrag übernehmen.

Alle Einrichtungen der Daseinsvorsorge haben das Problem, an bezahlbare Flächen für neue Einrichtungen zu kommen. Um ausreichende Pflegekapazitäten aufzubauen, ist der Fachkräftemangel aber sicher noch das drängendere Problem.

Auch wenn dazu schon einiges getan wurde:

  • Die schulische Ausbildung in der Altenpflege wird jetzt mit einer Ausbildungsvergütung bezahlt anstatt Schulgeld zu kosten, wie es noch im letzten Jahr der Fall war.
  • Im letzten Monat kam endlich der längst überfällige Kabinettsbeschluss für einen flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege.
  • Und die Altenheime sollen mehr Personal bekommen. Zwei Stellen pro 120 Bewohner sind bei der stramm gespannten Personaldecke allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Trotzdem bleibt der Beruf des Altenpflegers keiner, mit dem man große Sprünge machen kann. Deswegen sind Altenpfleger darauf angewiesen, eine bezahlbare Wohnung mieten zu können. Sie kann auch nicht so ohne Weiteres durch eine Wohnung im preisgünstigeren Umland ersetzt werden. Denn Schichtdienst beginnt und endet oft dann, wenn der ÖPNV nur selten oder gar nicht fährt. Und bei der Anreise mit dem PKW schmälern hohe Benzinkosten das ohnehin angespannte Budget noch zusätzlich.

Deswegen soll die Kommune prüfen, inwieweit sie den Bau von Werkswohnungen unterstützen kann und ebensolches Im Bereich der Azubi-Wohnheime tun. Die stadteigenen Sozialbetriebe stellen Werkswohnungen zur Verfügung, das Deutsche Rote Kreuz in Köln ebenso. Das erscheint uns, flächendeckend angewandt, ein wichtiger Standortvorteil, der Köln für Altenpflegerinnen und -pfleger attraktiv und bezahlbar macht.

Doch es gibt noch einen zweiten wichtigen Punkt, wenn wir das Pflegesystem für Köln in der Zukunft gut aufstellen wollen. Viele der Pflegebedürftigen werden dann Migranten der ersten Generation sein. Unser Pflegesystem muss an einigen Stellen spezielle Angebote für sie bereithalten, weil das herkömmliche System ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird.

Demenzkranke Menschen vergessen z. B. relativ schnell Deutsch als nachträglich erworbene Sprache. Sie finden sich aufgrund ihrer Beeinträchtigung auch ohne Kommunikationsproblem nicht mehr gut zurecht. Wenn dann die Pflegenden ihre Sprache nicht sprechen und sie die der Pflegenden nicht mehr verstehen, ist verantwortungsbewusstes Arbeiten kaum mehr möglich. Hier machen z. B. Demenz-WG Sinn, die komplett auf die Bedürfnisse einer Migrant*innengruppe zugeschnitten sind. Denn diese Menschen, die ihr Leben lang für unsere Gesellschaft gearbeitet haben, und nun hinfällig geworden sind, brauchen jetzt einen Schutzraum und das Leben in ihrer Sprache ist so ein Schutzraum.

Dazu sind wir in Köln gut aufgestellt, das KnowHow ist also bereits vorhanden. Die SBK betreibt in Mülheim ein Projekt für Türkeistämmige Pflegebedürftige. In Köln hat sich vor ca. zwei Jahren ein Verein für Demenzkranke mit Türkeistämmigen Hintergrund gegründet, der mit der Universität kooperiert.

Aufgrund des wachsenden Bedarfs dürfen diese Aspekte der Pflege nicht mehr nur auf Modellprojekte beschränkt sein, sondern müssen sich langsam in die Fläche ausdehnen und standardisiert vorhanden sein. Der Integrationsrat ist an diesen Stellschraiben dran. Mit der Übernahme unseres Antrages helfen sie dem Integrationsrat auf diesem Weg weiterzugehen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.