Fünf Großbauprojekte streichen, Rest priorisieren

Die Verwaltung hatte vor Monaten einen Liste der Großbauprojekte vorgelegt. An vielen dieser beschlossenen Projekte wird noch nicht einmal geplant. Die Stadtspitze möchte diese Projekte auf den Prüfstand stellen. Dazu stellte DIE LINKE einen Antrag zur Ratssitzung am 23. März 2023. Heiner Kockerbeck redete.

Seit einem halben Jahr diskutieren die Gremien des Rats die Liste der Großbauprojekte, die von der Verwaltung am 27.10.2022 in den Hauptausschuss eingebracht wurde. Jetzt ist es Zeit, daraus Konsequenzen zu ziehen.

Dabei gehen wir von folgenden Grundgedanken aus: Nicht allein Köln hat Probleme mit einem enormen Investitionsstau. Bundesweit beziffert der Städte- und Gemeindebund diesen auf 160 Milliarden Euro. Angesichts dessen sollten doch einige Parteien im Rat hier dringend überlegen, ob die volkswirtschaftlich unsinnige Schuldenbremse in der Verfassung noch sinnvoll ist, die DIE LINKE immer kritisiert hat. Auch sie hat zu den aufgeschobenen Instandhaltungen geführt, die jetzt alle auf einmal bei Schulen, Brücken, Museen durchgeführt werden müssen. Diese fatale Vernachlässigung der öffentlichen Investitionen darf keine Konsequenz der gegenwärtigen Diskussion sein. Mit der chronischen Unterfinanzierung der Kommunen durch Land und Bund muss Schluss sein.

Aber für Köln heißt es dennoch unter heutigen Bedingungen: Rat und Verwaltung müssen hier und jetzt Handlungsfähigkeit zeigen und Schlussfolgerungen aus der Krise bei den Kölner Großbauten ziehen.

Deshalb schlägt die Fraktion DIE LINKE heute drei Beschlusspunkte vor:

  1. Der Rat beauftragt die Verwaltung, alle Planungen an fünf Projekten einzustellen bzw. bestehende Planungen zu ändern. Die Summe dieser Projekte beträgt, von uns errechnet, rund 1 Milliarde Euro. Darunter befinden sich - die seit langem im Rat kontrovers diskutierten - Projekte einer Untertunnelung der Ost-West-Achse und die Historische Mitte. Auch den Östlichen Ringschluss im Mülheimer Süden, eine völlig neue Autotrasse, braucht die Stadt in Zeiten der Verkehrswende nicht mehr.
  2. Die weiteren in der Liste aufgeführten fast 120 Projekte werden durch die Verwaltung unverzüglich bewertet und priorisiert, anhand eines Handlungsleitfadens, den die Verwaltung dem Rat vorlegt.
  3. Der Rat beschließt: Bei allen zukünftigen Großbauprojekten sind die Empfehlungen der Reformkommission „Bau von Großprojekten“ beim Bund strikt zu beachten. Hätte die Sanierung der Oper nach diesen Empfehlungen stattgefunden, wäre der Stadt das spätere Desaster erspart geblieben.

Der Handlungsleitfaden zur Priorisierung von Bauprojekten sollte einfachen Grundsätzen folgen, denen alle demokratischen Parteien im Rat zustimmen können.

Wir schlagen deshalb zum einen pragmatische, an bisherigen Verwaltungsprozessen orientierte Gesichtspunkte vor: In welchem Planungsstadium ist das Bauvorhaben? Ist es schon personalisiert? Bestehen gesetzliche Verpflichtungen zur Durchführung? Dazu zählt die Unterbringungspflicht für Geflüchtete und Obdachlose oder Brandschutz und Barrierefreiheit.

Dieser Pragmatismus ist unerlässlich. Wichtiger ist aber die politische Gewichtung, die der Rat vornehmen muss. Wir stimmen sicherlich überein:

Welche Bauvorhaben dienen der Daseinsvorsorge? Im Moment muss hier im Vordergrund stehen, dass der Schulbaunotstand beseitigt, die Verkehrs- und die Energiewende beschleunigt sowie der riesige Mangel an mietpreisgünstigem Wohnraum angegangen wird.

Damit verbunden ist die Frage: Wo in der Stadt ist der Bedarf für städtisches Handeln am größten? Wir denken, dass dies die 15 Sozialraumgebiete sind. Hier, wo viele Menschen mit geringerem Einkommen leben, oft Familien und Alleinerziehende um ihre Existenz ringen, muss mit Priorität angesetzt werden.

Für unsere Fraktion ist auch sehr bedeutend, ob das Bauvorhaben den ökologischen Grundsatz „Sanierung vor Abriss und Neubau“ – bei Einzelfallprüfung – beachtet, und ob durch das Bauvorhaben langfristig Kosten eingespart werden.

Für die nötigen Investitionen in die Zukunft der Stadt und die Erfüllung städtischer Aufgaben führt an einer Gewinnung zusätzlichen Personals kein Weg vorbei. Über 2.000 freie Stellen bei der Stadt, davon 170 vakante Stellen bei der Gebäudewirtschaft, stellen dies in Frage. Kitas und KVB dünnen ihre Angebote aufgrund Personalmangels aus. Die erste Gelegenheit zur Verbesserung der personellen Situation ergibt sich zur Zeit beim Tarifkonflikt: Die Stadt Köln sollte sich für einen Inflationsausgleich von 10,5 Prozent mehr Gehalt einsetzen, mindestens aber 500 Euro mehr auch für untere Lohngruppen.

Unser Antrag wurde gegen unsere Stimmen in den Hauptausschuss verwiesen.