Elternbeiträge II

Claus Ludwig

Meine Damen und Herren! Frau Schlitt hat eben gesagt, SPD und Grüne hätten sich vorgewagt. Ich würde eher sagen: Sie sind als Miezekatze losgesprungen und als Bettvorleger der FDP gelandet.

(Beifall von Karl Klipper [CDU] ? Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen)

Deswegen sage ich: Als Miezekatze. So tigerhaft war der Vorschlag nicht. Sie haben hier vollmundig soziale Verbesserungen versprochen. Jetzt haben wir eine lineare Erhöhung und keinen Schritt nach vorne, sondern die Bestätigung des alten Systems.

Hätten Sie wirklich eine soziale Verbesserung vorgeschlagen, dann hätte es eine breite Unterstützung in der Bevölkerung gegeben. Die hat es nicht gegeben. Stattdessen gab es jede Menge Proteste von betroffenen Eltern. Der Grund liegt darin, dass Ihr Vorschlag keineswegs sozial gerecht war. Sie haben keineswegs nur die so genannten Besserverdienenden belastet, sondern zum Teil auch massiv Normalverdiener und Geringverdiener. Deswegen hat es absolut zu Recht die Proteste gegen diesen Vorschlag gegeben. Deshalb gibt es keine gesellschaftliche Unterstützung für Ihren Ursprungsvorschlag.

Die Verbesserung für die ganz niedrigen Einkommen bzw. die Erwerbslosen sollten von Durchschnittsverdienern, von Leuten mit zwei Kindern, bezahlt werden.  Das ist eine Umverteilung innerhalb von Gruppen, die diese Belastung angesichts der gesamten Belastung, die wir in diesem Lande hier haben, nicht mehr ertragen können. Deswegen haben diese Leute absolut zu Recht dagegen rebelliert. Es ist auch nicht so, wie Herr Mendorf und eben auch noch einmal Herr Breite gesagt haben, dass die FDP der Ritter war, der auf dem Schimmel herangeritten kam und uns gerettet hat.

(Josef Müller [CDU]: So ist es!)

Vielmehr waren es wirklich die Proteste der betroffenen Eltern und auch Äußerungen wie zum Beispiel die des DGB-Vorsitzenden, die es geschafft haben, die Gebühren für das zweite Kind zu kippen.

(Ulrich Breite [FDP]: Haben wir den Antrag geschrieben? Oder was?)

Ja, Herr Breite. Aber Sie haben sich in dieser Chaossituation letztendlich nur deshalb als die Retter aufschwingen können, weil Rot-Grün nicht mehr weiter wusste. So ist die Lage.  

(Demonstrativer Beifall von Ulrich Breite [FDP])

Die Heraufsetzung des Freibetrages auf 19 000 Euro, die Rot-Grün vorgeschlagen hat, war zwar ein Schritt nach vorne ? allerdings ein sehr kleiner Schritt; denn die Beitragsbemessungsgrenze ist seit Mitte der 90er-Jahre unverändert.  Insofern war es nur eine Anerkennung der Realitäten, dass viele Leute im ganz unteren Bereich gar nicht mehr zahlen können. Daher ist es schade, dass dieser einzige positive Punkt an diesem Vorschlag jetzt herausgeflogen ist. Hätten Sie nur diesen Vorschlag hereingebracht, dann hätten Sie diese Beitragsbemessungsgrenze hier mit allen Stimmen der Linken anheben können. Dann hätten Sie das heute im Rat durchsetzen können.

(Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber Sie helfen uns nicht, das durchzuführen! Sie wissen ja nie, wie Sie Ihre Wünsche erfüllen sollen!)

Jetzt sind Sie davor zurückgeschreckt, weil Sie diese kleine Verbesserung mit massiven Mehrbelastungen anderer Leute verbunden haben und so nicht die Unterstützung unserer gesamten Fraktion bekommen konnten. Wir von Gemeinsam gegen Sozialraub lehnen alle Verschlechterungen für die Eltern ab und unterstützen jeden auch noch so kleinen und bescheidenen Schritt, der in Richtung Befreiung von Elternbeiträgen und in Richtung einer gesamtgesellschaftlich finanzierten Kinderbetreuung und Bildung geht.

In diesem Land hängen Bildung, Kinderbetreuung und Qualifikation stärker als in jedem anderen vergleichbaren Land vom Geldbeutel ab. Die Klassengesellschaft wird hier bereits in der Schule und möglicherweise auch schon vorher zementiert.  Durch die gesamte Entwicklung der letzten Jahre ? die Einführung von Studienkonten und Studiengebühren sowie die Bezahlung von pädagogischen Zusatzleistungen in der Offenen Ganztagsschule ? wird diese Entwicklung ve rstärkt.  Da müssen wir gegensteuern.

Wir brauchen ein gesamtgesellschaftlich steuerlich finanziertes Investitionsprogramm für Bildung und Kinderbetreuung.  Natürlich kann das nicht alleine von den Kommunen getragen werden. Natürlich können wir hier nicht das Land aus der Verantwortung entlassen. Insofern ist das, was die CDU hier macht, meine Damen und Herren, meiner Meinung nach auch Populismus oder reine Heuchelei.

(Winrich Granitzka [CDU]: Sozialismus!)

Denn Sie sind dafür verantwortlich, auf Landesebene die Kürzung durchzusetzen, und beschweren sich, dass die Kommune diese Kürzung weitergibt. So geht es auch nicht. Sie schieben sich hier gegenseitig die Schuld zu. In Wirklichkeit greifen die Rädchen der Politik aller etablierten Parteien aber ineinander. Die große Koalition in Berlin kürzt die Bezugsdauer des Kindergeldes und die Pendlerpauschale und erhöht die Mehrwertsteuer, Schwarz-Gelb in Düsseldorf streicht im Jugendetat, und Rot -Grün in Köln wollte arbeitende Familien belasten. So geht es nicht. Das ist kein Schritt in Richtung sozialer Gerechtigkeit. Wir brauchen ein absolutes Umlenken im Bereich der Kinderbetreuung.

Da ich die CDU jetzt derart ausgeschimpft habe, kann ich nun noch ein Dankeschön sagen. Danke für den Tabubruch, dass Sie die Grundsteuer in die Diskussion gebracht haben! Konkret lehne ich Ihren Vorschlag ab. Aber natürlich müssen auch die Kommunen darüber nachdenken, wie sie die Belastungen, die von oben kommen, auffangen können. Wir müssen auch über eine Erhöhung der Gewerbesteuer im nächsten Jahr nachdenken, um solche Zusatzbelastungen auffangen zu können und die Kürzungen zur Not teilweise ausgleichen zu können.