Eine Rücknahme der vielen Kürzungen ist möglich - kein Wegducken vor den Herausforderungen der Zeit!

Rede zur Haushaltsratssitzung am 10. November 2022 von Güldane Tokyürek
AK Wirtschaft und FinanzenRatReden

Heute wurde der Haushalt der Stadt Köln für die Jahre 2023 und 2024 verabschiedet. DIE LINKE hat dazu einen eigenen Veränderungsnachweis vorgelegt. In ihrer Rede begründet die Fraktionssprecherin Güldane Tokyürek, welche Schwerpunkte wir in unserem gedeckten Haushaltsentwurf setzen würden. Der Veränderungsnachweis der LINKEN wurde abgelehnt.

Zumindest eine frohe Botschaft wurde in der Haushaltssitzung des Finanzausschusses verkündet: Einigkeit herrschte darüber, dass ein Härtefallfonds im Angesicht der vielen Krisen mehr als nötig ist. Zwar fallen die Gaspreise jetzt wieder – sie liegen aber immer noch bei einem Niveau, das noch vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Dazu erreicht die Inflation Rekordwerte von bis zu 11 Prozent. Es ist eine neue Realität, auf die sich Bürgerinnen und Bürger, Gewerbe, Initiative, Vereine und Träger bereits einstellen.

Mit Blick auf die vorgelegten Veränderungsnachweise kann von Glück geredet werden, dass die Grünen mit im Bündnis sitzen. Sie versuchen zumindest, dafür zu sorgen, dass die Trägerlandschaft in Köln nicht vor die Hunde geht! Diese Strukturen sind kein schmückendes Beiwerk einer Stadtgesellschaft. Sie sind unverzichtbar für den Zusammenhalt in Köln. Bei unserem jährlichen Initiativen-Hearing haben wir die große Not der Trägerlandschaft aus erster Hand geschildert bekommen. Hier muss unbedingt geholfen werden!

Weil das scheinbar von einigen in der Verwaltung noch rechtzeitig erkannt wurde, musste dann im Schnellverfahren noch eine Anlage als Konnexitätsausgleich dazugeschustert werden. Meine Damen und Herren, was sagt das über Prioritätensetzung aus?

Ansonsten muss leider konstatiert werden, dass die Haushaltssitzung einem Trauerspiel glich: Der Veränderungsnachweis des Bündnisses ist – mit Verlaub – mehr als bescheiden: Keine roten Linien, kein echter Wille zur Transformation. Und man sieht diesem Veränderungsnachweis förmlich an, wie es geknirscht haben muss!

Auch die Reden im Finanzausschuss haben einiges zu Tage gebracht: Während von den Grünen wenigstens die Trägerlandschaft in den Blick genommen wird, konzentriert Volt sich auf Prestigeprojekte und der CDU scheint Karneval und Marketing wichtiger als die urbane Transformation zu sein!

Außerdem irritierend sind die fehlenden Stellenzusätze im Veränderungsnachweis des Bündnisses. Es müssen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten enorme Investitionen getätigt werden. Wie soll das geschehen, wenn viel zu wenig Personal da ist? Wie eklatant der Mangel jetzt schon ist, wurde kürzlich nochmal durch eine SPD-Anfrage offengelegt.

Es haben sich nun zusätzliche finanzielle Spielräume aufgetan. Die Isolierungshilfe vom Land macht es möglich, außerordentliche Mindererträge nach dem Ukrainekrieg isoliert zu verbuchen – unter Umständen gilt dies sogar für den Strukturfonds. Auch hat das regierende Bündnis im LVR eine Senkung der Umlage ins Auge gefasst. Die Benehmensverfahren wurden bereits eingeleitet, die Stadtverwaltung sollte also darüber informiert sein. Hier könnten zusätzliche Mittel von 12-13 Mio. Euro zusätzlich frei werden. Zudem zeigen die aktuellen Steuerschätzungen, dass auch hier wohl mit einigen Millionen Euro zusätzlich gerechnet werden darf. Die Einkommenssteuereinnahmen fallen bundesweit deutlich höher aus als gedacht; was auch für Köln einen größeren Spielraum bedeutet.

Offenkundig wurde auch zu vorsichtig bei der Gewerbesteuer kalkuliert. Dies hatte die Kämmerei schon früh eingestanden. Im Finanzausschuss wurde per Mitteilung bestätigt: Der einkalkulierte Puffer wird um einiges größer als gedacht. Nun ist an der Kämmerei, jeden möglichen Spielraum auch zu nutzen!

Besonders in Zeiten der Krise gilt, dass in die Zukunft geblickt werden muss; dass alle an einem Strang ziehen müssen und niemand auf der Strecke bleiben darf.

Sie sehen, wieviel zusätzliche Mittel freiwerden. Die Rücknahme der vielen Kürzungen im Haushaltsentwurf ist nun möglich. Und dies haushaltsneutral. Hierfür setzt sich die Ratsfraktion DIE LINKE ein. Wir möchten, dass konsumtive Ausgaben und Investitionen klug kombiniert werden, so dass sich vor den großen Herausforderungen unserer Zeit nicht weggeduckt wird.

Im Veränderungsnachweis der Fraktion DIE LINKE sind wichtige Schwerpunkte abgebildet, die die Verwaltung scheinbar nicht im Blick hat.

Die Klimawende kann nur von einer Gesellschaft gemeinsam gemeistert werden. Alle müssen an einem Strang ziehen, und niemand darf auf der Strecke bleiben. Klimaschutz muss sozial und solidarisch sein. Aber hierfür fehlen in Köln die notwendigen Impulse!

Verkehrssektor und Bausektor sind Schlüsselbereiche des Klimaschutzes. Je nachdem, wie deren Transformation angegangen wird, steuern wir entweder auf eine gerechte, oder aber auf eine exklusive und unsoziale Zukunft zu. Wir möchten, dass sich jeder Mensch Mobilität und Wohnen gut leisten kann – und das vollständig klimaneutral. In unserem Veränderungsnachweis setzen wir deshalb 50 Millionen Euro jährlich an investiven Mitteln für energetische Sanierungen bei Wohnungsbaugenossenschaften zu. Diese sollen keine Erhöhungen der Warmmiete zufolge haben.

Im Verkehrsbereich sieht unser VN – neben über 20 Millionen Euro zusätzlichen Investitionen jährlich für ÖPNV und Radwege – den Zusatz von fast 30 Stellen vor.

Es gibt viele weitere offene Baustellen in Köln, welche endlich angegangen werden müssen. Wohnungslosigkeit muss ernsthaft bekämpft werden, und Wohnen in Köln muss bezahlbar gemacht werden. Zur Unterstützung junger Wohnungsbaugenossenschaften setzen wir daher 30 Millionen Euro jährlich an investiven Mitteln zu. 

Auch im Bereich der Bildung muss der voranschreitenden sozialen Spaltung Einhalt geboten werden. DIE LINKE setzt sich deswegen für die Förderung sozial inklusiver Schulen, Kitas und Jugendzentren ein.

Außerdem soll ein Kitaplatz keine Frage des Einkommens sein. Menschen mit weniger als 37.000 Jahreseinkommen sind von Kitagebühren zu befreien!

Insgesamt fordert unsere Fraktion deutliche Personalzuwächse. Unser Veränderungsnachweis sieht bereichsübergreifend eine Zusetzung von 86 Stellen vor. Diese sollen zusätzlich – und nicht aus dem Kontingent für Mehrstellen – finanziert werden.

Krisenhafte Entwicklungen dürfen uns nicht zu Kürzungen am falschen Ende verleiten. Strukturen der sozialen Teilhabe sind die Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Diese zu zerstören, wäre fatal und außerdem in der langen Frist viel teurer, als sie in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen.