Statistische Vermutungen reichen nicht aus

Güldane Tokyürek, Jörg Detjen

  In der Sitzung des Wahlprüfungsausschusses am 02.09.2014 hat die Fraktion der Grünen die Verwaltung im Zusammenhang mit der kompletten Neuauszählung der Kommunalwahlen gebeten zur Aussagekraft einer empirisch-statistischen Analyse der 45 Wahlkreise Stellung zu nehmen. Konkret wurde angefragt, welche Kriterien bei einer statistischen Analyse als Tatsachenvortrag für die rechtliche Bewertung relevant sein können und ob statistische Auffälligkeiten in einem Wahlergebnis niemals zu einer Überprüfung der Wahl führen können.

Die Stellungnahme der Verwaltung liegt nunmehr vor. Diese stellt auf Basis der Rechtsprechung und des Gutachtens des Prof. Dr. Bätge vom 29.08.2014 fest, dass Kriterien aus einer statistischen Analyse für das Gebot der hinreichenden Substantiierung eines Wahlfehlers bislang keine rechtliche Relevanz gefunden haben. Es fehlt bei statistischen Begründungen an dem erforderlichen Tatsachenvortrag für konkrete Wahlfehler. Die Rechtsprechung vertritt die Linie, dass statistische Daten allenfalls zu Vermutungen führen können, aber eben nicht einen Wahlfehler hinreichend substantiiert darlegen. In den entschiedenen Fällen sind deshalb entsprechende Begründungen, die lediglich auf statistische Kriterien Bezug nahmen, als unsubstantiiert zurückgewiesen worden. Es ist vielmehr ein darüber hinausgehender Tatsachenvortrag erforderlich, der nicht nur darstellt, dass das Wahlergebnis einen Wahlfehler vermuten lässt.

Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Fraktion der Linken, sagt: ?Der Staatsgerichtshof Bremen hat in einem Urteil vom 22.08.2008 aufgeführt, dass reinen Vermutungen von Wahlfehlern die Vertrauenswürdigkeit der Mitglieder der Wahlvorstände gegenüber steht. Ihre Tätigkeit kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht unter den unsubstantiierten Generalverdacht der Fehlerhaftigkeit gestellt werden. Zudem bietet die Öffentlichkeit der Auszählung einen Schutz gegen die Fehler bei der Auszählung der Stimmen.?

Grundsätzlich kann aus der konkreten Wahlniederschrift ersichtlich werdende Berechnungs- oder Übertragungsfehler eines Wahlvorstandes ein zulässiges Kriterium der Wahlprüfungsermittlungen sein. Derartige tatsächliche, rechnerische Auffälligkeiten (z.B. Additionsfehler, Diskrepanz zwischen Niederschrift und Schnellmeldung) können anders als an das Wahlergebnis anknüpfende statistische Vergleiche mit Durchschnittswerten, früheren Wahlen, gleichzeitig stattfindenden anderen Wahlen für eine weitere Überprüfung Anlass bieten. Wenn sich jedoch aus dem Inhalt der Wahlniederschriften keine tatsächlichen Anhaltspunkte für Wahlfehler ergeben, gilt eine ordnungsgemäß erstellte und unterschriebene Wahlniederschrift als öffentliche Urkunde, die die Vermutung ihrer Richtigkeit in sich trägt. Es wurde bisher nicht geltend gemacht, dass Niederschriften Auffälligkeiten aufweisen.

Güldane Tokyürek, Mitglied der Kölner Ratsfraktion DIE LINKE und Mitglied des Wahlprüfungsausschusses, erklärt:
?Weder die Fraktion der Grünen noch die Fraktion der CDU haben über den Hinweis auf die unterschiedlichen Ergebnisse in einigen Stimmbezirken hinaus etwas vorgetragen, was konkreten Anlass für die Annahme bieten könnte, es sei zu Wahlfehlern gekommen."

Siehe auch unsere frühere Stellungnahme.