Schnell Notmaßnahmen gegen den Schulbaunotstand beschließen

Rede des Fraktionssprechers Heiner Kockerbeck zur Aktuellen Stunde „Anmelde- und Verteilungsverfahren an Kölner Schulen“ in der Ratssitzung am 23. März 2023

Die ganze Dramatik der diesjährigen Anmeldungen von Kindern an weiterführenden Schulen und an Grundschulen wurde von meinen Vorredner*innen deutlich beschrieben. Wenn Kinder mit fünf Jahren einen Schulweg von sieben Kilometern bewältigen, möglicherweise 50 Minuten mit Bus und Bahn fahren müssen, dann zeigt sich ganz deutlich ein Versagen der öffentlichen Hand. Da dies in der Stadt Köln geschieht, fragen sich die Bürger*innen zurecht: Was tun eigentlich Rat und Verwaltung?

Zunächst gilt festzuhalten: Die Ursache der gegenwärtigen Misere ist der Schulbaunotstand. Die Schulverwaltung hatte unter der vorherigen Bildungsdezernentin Agnes Klein seit 2016 vor dieser Situation gewarnt. Seitdem ist einiges passiert. Aber das wurde und wird offensichtlich der Situation noch nicht gerecht. Schulbau, Schulbau, Schulbau – diese Pflichtaufgabe für die Jugend der Stadt müsste die gesamte Verwaltung, alle dabei hilfreichen Dienststellen durchdringen. Warum ist es für den Baudezernenten so schwierig, Grundstücke für den Schulbau zu finden? Seit Jahren gibt es keine übergreifende Flächenstrategie der Stadt und bis vor kurzem wurden noch Grundstücke zur Gewinnerzielung für den Haushalt und zugunsten von Investor*innen verkauft.

Frau Oberbürgermeisterin, die Elterninitative „Die Abgelehnten“ hat deshalb auch aus den von ihr genannten Gründen Recht: Der Mangel an Schulplätzen muss Chefsache werden!

Da der Schulbaunotstand, der mit den Gesamtschulen begonnen, dann auch massiv die Gymnasien erfasst hat, nun auf die Grundschulen in tragischer Weise voll durchgeschlagen ist, müssen Rat und Verwaltung jetzt schnell geeignete Notmaßnahmen erörtern und beschließen:

In einer Reihe von Stadtteilen können ortsnahe Angebote möglicherweise durch Modulbauten oder durch Anmietung schulnaher Räume geschaffen werden. Die Bezirksregierung müsste dafür kurzfristig Lehrerstellen einrichten.

Die Entscheidung über eine Anmeldung ist nach Schulgesetz allein Sache der Schule vor Ort. Längst ist bekannt, dass einige Schulen aus Personalmangel in ihrer Verwaltung das Los entscheiden lassen. Bisher hat die Schulverwaltung bereits mit Personal in kleinerem Umfang geholfen. Die Verwaltung muss genug Personalstellen haben, um diese Hilfen auszubauen. Das kann der Rat beschließen.

Die Schulverwaltung muss dringend mit dem Land NRW über weitere Erleichterungen für die einzelnen Schulen bei den Anmeldeverfahren sprechen. Die Schulen müssen dringend ihre Anmeldungen digital durchführen und vereinfachen können. Dazu braucht es im nächsten Jahr die vom Land NRW angekündigte App für Schulen. Änderungen im Schulgesetz müssen deren Einsatz möglich machen.

Denn der Anteil des Landes an den Schwierigkeiten beim Anmeldeverfahren vor Ort ist im letzten Jahr der Öffentlichkeit bewusst geworden, als das Land endlich Mehrfachanmeldungen nicht mehr erlaubt hat, was das aktuelle Verfahren erstmals in dieser Hinsicht erleichtert hat.

Schließlich ist es der Stadt Köln möglich, selbst die vor Jahren abgeschafften Grundschulbezirke wieder einzuführen. Dadurch wird das Anmeldeverfahren erleichtert. Die Grundschulen werden dadurch wieder zu Schulen für den Stadtteil. Der Schulweg ist zwingendes Kriterium bei der Auswahl. Nebenbei würde die soziale Selektion an Grundschulen sinken, die die Folge der Abschaffung der Schulbezirke war.

Bei den weiterführenden Schulen sollte der Rat sich auf einen schnelleren Ausbau der Gesamtschulen einigen. Pro Stadtbezirk könnte eine Mindestzahl von drei Gesamtschulen festgelegt werden. Denn dann, wenn die Stadt Köln endlich die große Lücke bei Gesamtschulplätzen schließt, wird auch das vorgezogene Anmeldeverfahren für Gesamtschulen nicht mehr gebraucht.

Wenn das vorgezogene Anmeldeverfahren allerdings vor einer Schaffung genügender Gesamtschulplätze abgeschafft wird, führt diese zu einer großen Benachteiligung von Eltern und Kindern, die eine Gesamtschule wünschen. Denn dann werden viele von ihnen sich überlegen, ob sie ihre mögliche eine Anmeldung (Mehrfachanmeldungen sind ja untersagt) an einer Gesamtschule machen. Sie werden gleich eine Realschule oder ein Gymnasium wählen.

Eine Abschaffung des vorgezogenen Verfahrens, wie FDP und CDU sie im vergangenen Herbst im Schulausschuss beantragt haben, brächte also nichts. Sie war wohl auch eher als Klientelpolitik für die Teile der Gymnasien gedacht, die meinen, das vorgezogene Verfahren erschwerte ihnen nur die Anmeldungen. Sie irren sich aber.

Ich komme zum Schluss: Aus der heutigen aktuellen Stunde müssen wir als Rat die Verabredung treffen, möglichst schnell Notmaßnahmen für den Schuljahresbeginn nach dem Sommer zu schaffen. Ferner muss die Stadt an das Land herantreten, damit diese ihren Beitrag zu einem besseren Anmeldeverfahren leistet, einen Beitrag, den ganz unterschiedliche Landesregierungen der letzten Jahre offenbar nicht für nötig hielten. Die Abschaffung der Mehrfachanmeldungen war ein erster konsequenter Schritt der jetzigen Regierung. Die Stadt muss ihn mit Verwaltungspersonal an Schulen unterstützen.

Und schließlich muss der Schulbaunotstand durchgreifender als bisher angepackt werden. Bei der städtischen Gebäudewirtschaft sind mit Stand letzten Herbst 127 Stellen nicht besetzt. Die 193 Schulbauten der Schulbaupriorisierungsliste können so nur mit Zeitverzögerung abgearbeitet werden. Die Verwaltungsreform muss also den öffentlichen Personalmangel entschlossener als bisher anpacken.