Ost-West-Achse: Erst wenn alle Informationen veröffentlicht sind, kann der Rat entscheiden
Rede von Heiner Kockerbeck zur Ratssitzung am 3. April 2025
Auf der heutigen Sitzung wurde entschieden, ob die Bahnen auf der Ost-West-Achse die innere Stadt künftig in einem Tunnel unterqueren oder ob die Strecke oberirdisch ausgebaut werden soll. Die Linke möchte "oben bleiben", hält eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt aber für falsch, weil nicht alle Informationen dazu veröffentlicht wurden.
Heiner Kockerbeck begründete unsere Ablehnung des Tunnels:
"Die vom Tunnelbündnis von CDU, SPD und FDP geänderte Beschlussvorlage dient keinesfalls der Verkehrswende. Diese Behauptung durch es selbst ist ein durchsichtiges Täuschungsmanöver.
Der Tunnel vom Heumarkt bis zur Moltkestraße in Punkt 1 hat nur eine Länge von 2,5 km und ist mit momentan geschätzten 1,4 Milliarden Euro enorm teuer. Ein oberirdischer Ausbau wäre um ein Vielfaches preisgünstiger und um mindestens ein Jahrzehnt schneller zu machen.
Der in Punkt 2 skizzierte schrittweise Bau eines ganz langen Tunnels - der vom Bahnhof Deutz unter dem Rhein her bis zum Friedhof Melaten reicht, mit noch einem Abzweig unter der Dürener Straße bis zum Militärring - muss beim "Kurztunnel" mit Vorhaltebauwerken vorbereitet werden. Er ist noch teuerer, baulich und finanziell riskanter als der kürzere Tunnel. Und beide Punkte zusammen werfen die bisherigen Planungen für 30 Millionen über den Haufen. Die Verwaltung müsste auch beim "Kurztunnel" neu planen. Das kostet Personal und Zeit. Ob und wann das Land dies überhaupt fördern würde, steht in den Sternen. Darauf weist der Brief des NRW-Verkehrsministeriums vom Mittwoch hin.
Es wurde oft genug in den vergangenen Jahren gesagt: Das Prestigeprojekt eines Tunnels in der Innenstadt würde den dringend nötigen Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs in ganz Köln auf lange Jahre stilllegen. CDU, SPD und FDP fördern nicht, sondern blockieren die Verkehrswende. Einen solchen Effekt hat die KVB bereits erlebt: Sie strich 2024 den Ausbau bzw. Neubau von fünf Linien im Kölner Stadtbahnnetz, wegen Mangel an Ressourcen, damit sie am Tunnelprojekt festhalten kann. Das ist für Köln untragbar!
Und nun befindet sich Köln bekanntlich in der größten Haushaltskrise seit Jahrzehnten. Da ist es außerordentlich unverantwortlich, der Stadt finanzielle Belastungen aufzubürden, die in anderen Bereichen des Haushalts zu massiven Einsparungen führen werden!
Der Kölner DGB-Vorsitzende Witich Roßmann hat mit Engelszungen in dieser Woche noch einmal den Ausbau des Schienenverkehrs angemahnt und dass man "vorrangig ... die Anbindung aller Stadtteile gewährleistet sowie die Verbindung zwischen den Stadtteilen".
Diese Art des Ausbaus ist in einem vertretbaren Zeitraum nur oberirdisch, mit Straßenbahnen, nicht durch Untertunnelung, zu erreichen. Wir haben für die Verkehrswende eben nicht die Zeit von 30 bis 50 Jahren, in denen Sie offenbar rechnen, meine Damen und Herren von den Tunnelparteien. Das ist auch der Grund, warum schon seit langem viele Städte Europas eine Renaissance der Straßenbahn eingeleitet haben und ihren Nahverkehr nur oberirdisch ausbauen.
Doch der oberirdische Ausbau, den die Verwaltung bisher geplant hat, hat Nachteile. Weil er auf 90-Meter-Langzüge setzt, wird mit ihm ein Ausbau aller 34 Haltestellen auf der Linie 1 von Bensberg bis Weiden nötig. Das Konzept der 60-Meter-Bahnen, das das Bündnis Verkehrswende Köln mit Fachleuten entwickelt hat, ist schneller umsetzbar, weil nur der Neumarkt dabei umgebaut werden muss: Dort müssen zwei zweigleisige Haltestellen für jede Richtung entstehen. Alle übrigen Haltestellen können weiter verwendet werden.
Dieses Konzept schlägt unser Änderungsantrag vor. Es ist die kostengünstigste und schnellste aller Varianten und schnell machbar, selbst wenn der Rat heute noch keine Entscheidung, die Bestand hat, fällen kann. Denn heute liegen dem Rat noch nicht vollständig alle Unterlagen für eine Entscheidung vor. Die Prüfung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses für die oberirdische Lösung ist unvollständig beschrieben. Während für die Prüfung der Tunnel-Variante ein 179 Seiten langer Ergebnisbericht der KVB vorliegt (in Anlage 19), so liegt dem Rat für den oberirdischen Ausbau nur die zehnseitige Anlage 20 vor. Eine Herleitung und genauere Darstellung der Prüfungsergebnisse fehlt. In einem Brief haben wir am 1.4. die Oberbürgermeisterin gebeten, die nötigen Informationen zu veröffentlichen. Dies hat sie nicht getan. Damit ist der Rat nach unserer Auffassung nicht in der Lage, sachgerecht zwischen ober- und unterirdischer Variante zu entscheiden. Wir behalten uns deshalb vor, gegen eine heutige Entscheidung vor Gericht zu klagen. Bei der Bezirksregierung haben wir ebenfalls Beschwerde wegen Verfahrensfehler eingelegt.
Ein weiterer schwerwiegender Vorgang belastet die heutigen Beratungen: Das Tunnelbündnis hat bislang im Rat keine Mehrheit, es sei denn, es setzt, noch dazu bei einer so wichtigen Entscheidung, auf eine stillschweigende Zusammenarbeit mit der extremen Rechten, der AfD. Das ist ein Tabubruch. Das ist nicht zu rechtfertigen und das Tunnelprojekt trägt schon allein wegen dieses Versuchs einen schweren Makel. Und zu den Grünen: Eure Fraktion ist leider heute nicht vollzählig anwesend, um für "Oben bleiben" zu stimmen. Gerade wenn es schwierig wird und Zielkonflikte gibt, darf die größte Fraktion des Rats sich nicht aus dem Staub machen. "
Der Tunnel wurde mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und AfD beschlossen. Die Grünen, eigentlich Tunnelgegner, nahmen geschlossen an der Abstimmung nicht teil. Damit ermöglichten sie dem Tunnelbündnis, auch ohne die Stmmen der AfD eine Mehrheit zu bekommen.
Es wurden auch noch zahlreiche Änderungsanträge abgestimmt. Der Antrag der Linken auf oberirdischen Ausbau bekam keine Mehrheit. Ebenfalls gegen die Stimmen der Linken fiel ein Antrag auf eine Einwohnerbefragung durch. Schließlich wurde noch über eine wesentlich weiterreichende Untertunnelung abgestimmt und es wurde, auch gegen Die Linken, beschlossen, einen Megatunnel zu planen.