Ost-West-Achse: Bürgerbeteiligung oder Verwaltungspropaganda für die U-Bahn?

Dietmar Aigner, Michael Weisenstein

Qualitäts-Check anhand Kriterien des „Netzwerkes Bürgerbeteiligung“

Ohne Bürgerbeteiligung geht es nicht. Das gilt besonders für Kommunalpolitik. Erfüllt das aktuelle Verfahren bezüglich der Ost-West-Achse die Bedingungen einer guten Bürgerbeteiligung? Das haben wir uns genauer angesehen. Bedient haben wir uns dazu der „Qualitätskriterien Bürgerbeteiligung“ des „Netzwerkes Bürgerbeteiligung“. Die nachfolgenden Zitate sind nachlesbar auf der Web-Seite dieser Organisation unter www.netzwerk-buergerbeteiligung.de.

Qualitätskriterium Bürgerbeteiligung: „Bürgerbeteiligung setzt vor allem die Offenheit zu einer kooperativen Gestaltung von Ergebnissen voraus. Alle Beteiligten müssen ohne Vorfestlegungen in ein Beteiligungsverfahren gehen und bereit sein, auf eine gemeinsame Lösung hinzuarbeiten. Es gilt das Prinzip der Ergebnisoffenheit.“

Kölner Praxis: Auf der Auftaktveranstaltung warben Frau Verkehrsdezernentin Blome und der Vorstandsvorsitzende der KVB, Herr Fenske, offen für eine Tunnellösung, auf die sie beide festgelegt sind, und die sie durchsetzen wollen. Wenn sie darauf schon nicht verzichten wollen – warum wurde niemandem die Möglichkeit eingeräumt, von der Bühne allen Anwesenden auch die Argumente gegen einen Tunnel vorzutragen? Stattdessen wurden die Tunnelgegner darauf beschränkt, ihre Argumente auf Karteikarten an Stellwände zu pinnen.

Qualitätskriterium Bürgerbeteiligung: „Eine weitere wichtige Erfolgsbedingung für Partizipationsverfahren sind klare Zielstellungen, Rahmenbedingungen und Aufgabenstellungen. Diese müssen offen und transparent kommuniziert werden, ….“

Kölner Praxis: Weder Zielstellung, noch Rahmenbedingungen und Aufgabenstellung sind offen und transparent. So soll auf dem Abschlussplenum am 30.06.18 eine Empfehlung für eine der vorgestellten Varianten an den Rat verabschiedet werden. Wie der Prozess zu dieser Empfehlung aussehen wird, wer nach welchen Kriterien wie in die Entscheidung über diese Empfehlung einbezogen wird, stand laut der Moderation bei der Auftaktveranstaltung am 17.03.18 noch nicht fest.

Qualitätskriterium Bürgerbeteiligung: „Im Beteiligungsprozess bedarf es einer Prozesskoordination, die von allen Beteiligten anerkannt wird und deren Aufgaben für alle transparent nachvollziehbar sind. … Im Idealfall handelt es sich bei der Prozesskoordination um eine Gruppe mit Vertreter/innen aller beteiligten Akteur/innen und der Moderation.“

Kölner Praxis: Stadtverwaltung, KVB und die von ihnen beauftragte Agentur haben alleine die Gestaltungshoheit über einen Prozess, der zudem völlig intransparent ist.

Qualitätskriterium Bürgerbeteiligung: „Zum transparenten Beteiligungsprozess gehört, dass aktuelle Informationen im Prozess schnell und verständlich aufgearbeitet an alle Prozessbeteiligten weitergegeben werden.“

Kölner Praxis: Um für die Tunnellösungen nachteilige Informationen wurde seitens Stadtverwaltung und KVB auf der Auftaktveranstaltung ein weiter Bogen gemacht. Unterschiedliche Bauzeiten für oberirdische und unterirdische Variante, detaillierte Informationen zur Finanzierung, zur personellen Belastung der Verwaltung bei den unterschiedlichen Varianten – Fehlanzeige. Viele bunte Bilder, wenig harte Fakten zur Information der Beteiligten.

Qualitätskriterium Bürgerbeteiligung: „Bürgerbeteiligung braucht die Mitwirkung aller relevanten Akteursgruppen, um der demokratischen Forderung nach politischer Gleichheit gerecht zu werden. … Um dem Ziel einer möglichst breiten demokratischen Beteiligung nahe zu kommen, gilt es auch Meinungen und Interessen derjenigen einzubeziehen, die nicht so leicht zu erreichen sind und die sich aufgrund ihrer Lebenssituation, ihrer Bildung oder gesellschaftlichen Stellung nicht oder nur in geringem Maße artikulieren können oder wollen.“

Kölner Praxis: Welche Anstrengungen wurden unternommen, um möglichst viele relevante Akteursgruppen für die Teilnahme an der Bürgerbeteiligung zu gewinnen? Glauben Stadtverwaltung und KVB, dass zwei jeweils 6-stündige Expeditions- und Konsultationsrunden zu den unterschiedlichen Themen ein niedrigschwelliges Angebot zur „Bürgerbeteiligung“ sind? Wie soll z.B. ein /e Arbeitnehmer/in an einem Termin teilnehmen, der freitags um 15.00 beginnt, ohne einen Urlaubstag zu opfern? Und wo ist eigentlich das Angebot einer Kinderbetreuung, um auch jungen Eltern die Teilnahme zu ermöglichen (um nur zwei Beispiele der Ausgrenzung zu nennen)?

Fazit: Nach unserer Auffassung sieht es so aus, dass Verwaltung und KVB keine wirkliche, breite Bürgerbeteiligung mit einer offenen Diskussion aller vorgestellten Varianten möchten, sondern unter dem Deckmäntelchen einer PR-Veranstaltung namens „Bürgerbeteiligung“ den Vorschlag einer Tunnel-Lösung vorantreiben.

Obwohl wir als LINKE viel Kritik an der Bürgerbeteiligung haben, müssen wir uns daran beteiligen. Wir dürfen das Feld nicht den Tunnelbefürwortern überlassen.