Neuauszählung der Kommunalwahl öffnet Willkür Tür und Tor

Jörg Detjen

Rede zur Ratssitzung am 30.9.2014

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, wäre es nicht zum Vorteil der LINKEN, wenn neu ausgezählt würde und SPD und Grüne ihre Mehrheit verlören? Wir werden Ihren Antrag aber ablehnen, weil demokratische Grundsätze von Ihnen ausgehebelt werden sollen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

wäre es nicht zum Vorteil der LINKEN, wenn neu ausgezählt wird und SPD und Grüne ihre Mehrheit verlören? Wir werden ihren Antrag aber ablehnen, weil demokratische Grundsätze von ihnen ausgehebelt werden sollen.

Die Kölner StadtRevue hat dies in einem Satz zusammengefasst: Die CDU lancierte ?mit medialer Unterstützung des Kölner Stadt-Anzeigers eine Kampagne, die an den gesunden Menschenverstand appelliert ? und sich dabei über juristische Grundsätze hinwegsetzt.?

Wenn es nach der CDU und der FDP ginge, würde während der Sitzung des Wahlausschusses der Vorsitzende mal schnell die Umschläge öffnen und nachzählen, ob alles stimmt. So eine Art urbane Demokratie, die wir alle mal bei der Wahl zum Klassensprecher erlebt haben.

Aber das ist nicht die Funktionsweise der kommunalen Selbstverwaltung und kommunaler Wahlen. Wir haben seit der französischen Revolution über zwei Jahrhunderte Stück um Stück das Wahlrecht verbessert. Wir haben eine gewachsene, urbane Demokratie, die man ausbauen und verbessern sollte, aber man sollte nicht der Willkür Tür und Tor öffnen.  

Ich habe überlegt, ob ich CDU, FDP und Grüne vorwerfe, eine Politik der De-Stabilisierung zu betreiben. Das würde aber ihre Bedeutung völlig überhöhen. Hatten wir nicht mit einer Wahlbeteiligung von 49,7 % eine mehr als unbefriedigende demokratische Mitwirkung vieler Kölnerinnen und Kölner? Und wie kann es kommen, dass Sie behaupten, die Mehrheit der Kölnerinnen und Kölner seien jetzt wegen der fehlenden Neuauszählung empört, wenn diese Mehrheit gar nicht wählen gegangen ist?

Mit ihrer Kampagne untergraben Sie das Vertrauen in die Demokratie. Vermutungen werden zu Wissen hochstilisiert und Verunsicherung geschürt und zum Schluss fällt das ganze Getöse in sich zusammen: Ein Sturm im Wasserglas hilft uns nicht weiter in dem Bemühen, die demokratische Selbstverwaltung zu verbessern. Wir als LINKE sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, bei der letzten Kommunalwahl 6.400 Nichtwählerinnen und -wähler zur Wahl zu mobilisieren.  

DIE LINKE hat aber auch in der Diskussion über die Wahlanfechtung betont, wir würden uns einer ? juristisch möglichen ? politischen Lösung nicht verschließen. Dazu stehen wir auch. Nur ist es offensichtlich, dass eine Neuauszählung aller Kölner Wahlkreise rechtlich und politisch völlig absurd ist.  

Sie haben die ganz wenigen rechtlichen Möglichkeiten, die das Wahlrecht vorsieht, nicht genutzt und gar nicht erkannt. Vermutlich interessiert Sie das gar nicht, weil es Ihnen nicht um die Stärkung von demokratischen Wirkungsrechten des Wahlausschusses geht, sondern um eine Inszenierung Ihrer Partei als Opfer machtpolitischer Spielchen.  

Das NRW-Wahlrecht hat ja die Besonderheit, dass ein Stimmbezirk nach pflichtgemäßem Ermessen neu ausgezählt werden kann. Hierzu braucht es aber eine Begründung und eine entsprechende Abwägung. Das hat ja Prof. Dr. Bätge in seiner Stellungnahme angedeutet.

Einem solchem Vorgehen hätten wir uns grundsätzlich nicht verschlossen, das hat meine Ratskollegin Güldane Tokyürek auf der letzten Wahlausschusssitzung angesprochen. Nicht Vermutungen, sondern konkrete weitergehende Gründe hätten CDU und FDP darlegen müssen. Da ist aber nichts gekommen! Das hätte aber auch vorausgesetzt, dass man zu einer sachlichen, dialogorientierte Diskussion hätte zurückkommen müssen, um eine demokratische Klärung herbeiführen zu können. Stattdessen sind Sie auf den völlig absurden Vorschlag der Grünen abgefahren, alles neu auszuzählen.  

Auch wenn CDU, Grüne und FDP die Abstimmung gleich gewinnen werden, sehen wir der Zukunft gelassen entgegen.Wir stärken und schützen das demokratische Wahlrecht weiterhin.