Kommunale Beratungsstelle gegen Energiearmut nach Wiener Modell

Jörg Detjen

Seit Monaten ist das Thema „Energiepreisentwicklung“ in aller Munde.

Nach einem viertel Jahr hat die neue Bundesregierung reagiert:

Etwa 2,1 Millionen Menschen sollen in diesem Jahr einen einmaligen Heizkostenzuschuss erhalten – vor allem Wohngeld-Haushalte und Studierende mit BAföG.“

Die Maßnahmen der Bundesregierung sind nicht nachhaltig und auch nicht sozial gerecht. Die Strompreiserhöhungen für Hartz-IV-Empfänger sind nicht berücksichtigt. Einmalzahlungen sind keine dauerhafte Lösung. All diese Argumente haben einige Sozialverbände und soziale Träger zu Recht vorgebracht. Trotzdem hat diese Bundesregierung zum ersten Mal seit 20 Jahren überhaupt auf die zahlreichen Hinweise der EU-Kommission reagiert. Es bewegt sich etwas und es wäre klug, wenn soziale Verbände, die Gewerkschaften und DIE LINKE sich in dieses Thema intensiv einmischen würden. Tacheles e.V., ein wichtiger Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein, fordert den Regelsatz auf 6xx Euro zu erhöhen.

Verdoppelung der Energiepreise

Man muss faktisch von einer Verdoppelung der Energiepreise in den nächsten Jahren ausgehen. Nur die Energieunternehmen, die Strom über zwei bis drei Jahre im Voraus eingekauft haben, können sich jetzt halten. Über 50 kleinere Energieunternehmen, die nur tagesaktuell Strom gekauft hatten, sind bereits Konkurs gegangen.

Eine CO2-Bepreisung von Energie wird in nächsten Jahren dazu führen, dass die Preise weiter dramatisch ansteigen werden. Die jetzt diskutierte Abschaffung der EEG-Umlage wird das Problem der Energiepreise nicht lösen. Nur durch Subventionierung der Energiepreise durch den Bund, wie auch immer, wird dieses Problem zu lösen sein. Das wird die Bundesregierung aber nicht tun.

In Köln hat der Sozialausschuss auf Initiative der LINKEN und der SPD einstimmig ein Maßnahmenpaket beschlossen, um präventiv zu helfen durch die Stadt, das Jobcenter und die RheinEnergie.

Stromsperren

Aussetzen der Strom- und Gassperren im Winter ist seit Jahren immer wieder eine zentrale Forderung, die inzwischen alle demokratischen Fraktionen mittragen. 2019 ist eine gute Vergleichszahl, da waren beim kommunalen Unternehmen 7.360 Personen betroffen. Seit der Pandemie wurden ab 2020 weniger Personen der Strom abgestellt. 2020 gab es 5.010 Stromsperren, 2021 dann 3.173. 60 % aller Betroffenen sind älter als 50 Jahre. D.h. Stromsperren und Altersarmut korrespondieren. Andere, private Stromanbieter weigern sich, Zahlen an die Kölner Stadtverwaltung weiterzugeben.

Ratenzahlungen und Nichtprüfungsgrenzen

Stromschulden sollen künftig in Raten bezahlt werden können oder durch die Kommune übernommen werden. Die Nichtprüfungsgrenze für Heizkosten für SGB II- und SGB XII-Bezieher*innen soll deutlich angehoben werden, damit Betroffene ihre Wohnung behalten oder entsprechend umziehen zu können.

Ombudsstelle Energiearmut und StromsparCheck

Seit 2008 ist Energiearmut immer wieder ein Thema im Kölner Rat. Damals wurde das Projekt StromsparCheck geschaffen. Jedes Jahr wurden ca. 500 Haushalte besucht. Der Träger des Projektes, der Caritasverband, weist darauf hin, dass bei einer 3-Zimmerwohnung Einsparungen von jährlich 180 Euro erbracht werden und 59 Euro Soforthilfe gezahlt werden können. Im ersten Jahr können 500 kg CO2 eingespart werden und langfristig 3.000 kg. 500 Checks führt die Caritas im Jahr durch. Damit können jährlich CO2 Einsparungen von 250.000 kg erzielt werden.

Der Sozialausschuss und das kommunale Energieunternehmen RheinEnergie wollen jetzt aber noch einen Schritt weitergehen und eine Anlaufstelle gegen Energiearmut schaffen. Vorbild ist das Projekt einer Ombudsstelle gegen Energiearmut in Wien. Hier sollen die Angebote der Kommune, des Jobcenters, der Schuldnerberatungen und des Energieunternehmens gebündelt werden, um den Menschen konkret und sofort helfen zu können. Verbunden werden muss das mit einem sozialarbeiterischen Ansatz. Gegebenenfalls kann das Projekt StromsparCheck mit einbezogen werden.

Mit diesem Angebot übernimmt unser Energieunternehmen auch soziale Verantwortung. Denn eines ist in den letzten Jahren beim ständigen Dialog über dieses Thema deutlich geworden: Das Unternehmen muss mit ihren Kunden viel mehr kommunizieren, soziale und präventive Angebote machen.

Jörg Detjen

Dateien