Jede, jeder in unserer Stadt, die divers und vielfältig ist, hat ein Recht auf Stadt.
Volles Haus beim Frühjahrsempfang der Ratsfraktion. Vor Vertreter*innen zahlreicher Vereine und Verbände, neuen und langjährigen Mitgliedern der Linken und weiteren Gästen hielt Heiner Kockerbeck, Co-Sprecher der Ratsfraktion, diese Rede:
Liebe Gäste unseres Frühlingsempfangs,
liebe Genossinnen und Genossen,
unsere Partei hat in den vergangenen anderthalb Jahren durch kluge Arbeit, auch gerade des Bundesvorstands, und mit dem Ergebnis der Bundestagswahl vom Februar einen großen Schritt zu ihrer Konsolidierung gemacht. Sie kann nun weiter daran arbeiten, sich neu zu erfinden.
In Köln haben wir unsere Mitgliederzahlen im Laufe eines Jahres verdreifacht, auf nun 3.000. Die vielen Neumitglieder verändern unsere Partei jetzt schon. Sie sind gekommen, um aktiv zu werden. Sie wollen direkt etwas tun. Auch deshalb konnten Linke in Köln in den vergangenen Monaten rund 9.000 Gespräche an Haustüren führen, vor allem in den weniger einkommensstarken Veedeln der Stadt.
Zu den Leuten gehen und zuhören
Die Haustürgespräche bedeuten für uns viel. Sie stehen dafür, dass wir als Partei zu den Leuten gehen und zuhören, was sie sagen, und erfahren, wo ihnen der Schuh drückt. Und die Ergebnisse sind nicht überraschend, aber wichtig: Immer wieder wurde dort dringlich und voller Unmut auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, hohe Heizkosten, fehlende Schul- und Kitaplätze hingewiesen, auf unzuverlässige Bahnen und defekte Rolltreppen.
Das sind alles Themen, die im Brennpunkt Kölner kommunalpolitischer Debatten und Konflikte stehen. Wer sich den alltäglichen Problemen der Menschen widmet, der denkt Politik aus der Kommune heraus. Das wollen wir von der Linken Köln tun.
Von der Stadt Köln erwarten die meisten Menschen zurecht, dass unsere soziale Infrastruktur zuverlässig funktioniert: bei öffentlichem Verkehr, Bildung, Wohnen, klimagerechter Energie und Kultur. Sie soll eine bezahlbare und sozial gerecht organisierte Grundlage für das Leben in Köln sein. Indem Die Linke als Partei und ihre Fraktion hier die Interessen der großen Mehrheit, der Klasse der lohnabhängig arbeitenden Menschen hartnäckig und mit langem Atem vertritt, organisiert sie Solidarität, Vertrauen und Demokratie von unten. Denn längst wissen auch die meisten in Rat und Verwaltung, dass die Leute bei Entscheidungen mitreden wollen.
Und auch dafür setzt die Linksfraktion sich ein: Bürgerbeteiligung bei der Stadt darf kein Feigenblatt sein. Sie muss umfassende Informationen und echte Mitentscheidung der Bevölkerung ermöglichen. Da stehen wir erst am Anfang.
Kommunen brauchen höhere Einnahmen
Alle Ansprüche an die soziale Infrastruktur sind aber Wunschdenken, wenn es nicht viel zu entscheiden gibt, wenn die Kommunen kein Geld im Haushalt haben. Das zersetzt die Demokratie. Die Stadt Köln befindet sich aktuell und in den kommenden Jahren in der größten Haushaltskrise seit Jahrzehnten. Und dies ist nicht nur in Köln so: Mehr als 20 Milliarden Euro betrug das Defizit der kommunalen Haushalte in Deutschland Ende 2024.
Einschnitte und Kürzungen in den Kommunen sind damit auch für die kommenden Jahre vorprogrammiert. Können die Kommunen so überhaupt ihre Haushaltsdefizite beseitigen? Nein, sagt selbst die Kommunalaufsicht, der Kölner Regierungspräsident Thomas Wilk: Eine Perspektive auf ausgeglichene Haushalte ist auf Jahre nicht zu erkennen. Dennoch fordert die gleiche Kommunalaufsicht die Stadt auf, Einsparungen und Einschnitte in den kommenden Jahren fortzusetzen.
Schuld an der Finanzmisere der Kommunen sind aber nicht etwa "Wünsch-dir-was"-Haltungen der Stadt- und Gemeinderäte. Die Kommunen werden seit Jahren systematisch unterfinanziert. Sie brauchen höhere Einnahmen. Die Vorschläge dazu liegen längst vor: kurzfristig muss es einen Fond für die Kommunen beim Bund geben, eine Initiative zur Entschuldung und auf Dauer aber einen größeren Anteil am Steueraufkommen!
Ob der Fond des Bundes für die Kommunen kommen wird, ist höchst unsicher. Die momentan geplante enorme Aufrüstung Deutschlands und Europas erhöht auf lange Sicht nicht nur die Kriegsgefahr, weil sich, wie zu Zeiten des früheren Kalten Kriegs, waffenstarrende Machtblöcke misstrauisch gegenüberstehen werden. Sie entzieht auch dem Inland und den sozialen Systemen die nötigen Finanzen.
Angesichts der Finanzlage von Bund und Land kann eine Besserstellung der Kommunen nur auf einem Weg gehen: Die Reichen und die Konzerne müssen wieder mehr Steuern bezahlen: Die Stichworte sind bekannt: Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer reformieren, Steuern auf sehr hohe Einkommen erhöhen. Ein viel verkauftes populäres T-Shirt im Parteishop der Linken hat deshalb zurecht vorn auf der Brust den Aufdruck: "Tax the rich"!
Diejenigen, die finanzschwache Kommunen seit Jahren organisieren, wissen natürlich, warum sie die Kommunen so hilflos lassen wollen. Damit wird die öffentliche Hand geschwächt, der Staat verschlankt und auf Marktlösungen gesetzt. Beim Wohnen ist das Problem schon überdeutlich:
Für bezahlbare Mieten
Eines der größten Probleme der unteren und mittleren Einkommensschichten sind die explodierten Mieten, die einen großen Teil der Einkommen verzehren. Eine aktive Wohnungspolitik für bezahlbare Mieten findet in Köln wie anderswo praktisch nicht statt. Das Prinzip heißt: "Der Markt wird`s schon richten". Und die private Wohnungswirtschaft baut seit Jahren hauptsächlich hochpreisige Wohnungen, die das Mietniveau insgesamt nach oben ziehen. Hohe Miete gehören aber zu den größten Armutstreibern, neben zu niedrigen Löhnen.
Deshalb sind beim Wohnen die beiden Hauptforderungen auch im neuen, kürzlich beschlossenen Kommunalwahlprogramm der Kölner Linken:
- Aufbau einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die bezahlbare Wohnungen baut,
- Schutz von Mieterinnen vor Verdrängung durch vier soziale Erhaltungssatzungen. Warum gibt es in Köln erst vier davon, während es in München 36 von ihnen gibt und 350.000 Menschen in ihrem Bereich wohnen?
Und nun noch ein Wort zum riesigen Problem der Wohnungslosigkeit in Köln. Ist das christlich, wenn Polizei und Ordnungsamt sogenannte "Hotspots" wie Neumarkt, Ebertplatz und Schildergasse von Polizeikräften räumen lässt? Wenn die Stadt Köln Betteln und illegales Kampieren von Obdachlosen räumen lässt, wie das alles die CDU in dieser Woche gefordert hat? Nein, das ist rechtspopulistische Vertreibungspolitik! Wir als Linke beharren darauf: Wer in Not ist, dem muss geholfen werden. Wer eine Wohnung brauch, der muss sie durch ein städtisches Housing-First-Programm erhalten!
Der sozialen Spaltung Köln entgegenwirken
Köln braucht insgesamt eine aktivere Stadt mit einer personell gut aufgestellten Verwaltung. Diese muss aktiver in das städtische Geschehen eingreifen, um die sozialen und politischen Menschenrechte für alle hier zu verwirklichen. Oder, wie wir es in unserem Kommunalwahlprogramm 2025 sagen: Jede, jeder in unserer Stadt, die divers und vielfältig ist, hat ein Recht auf Stadt.
Unser Ende März beschlossenes Kommunalwahlprogramm 2025 haben wir ein Jahr lang in der Partei breit diskutiert und vorbereit. Mit seinen Schwerpunkten Wohnen, Verkehr, Bildung, Gesundheit und Hilfen für einkommensärmere Stadtteile wollen wir der sozialen Spaltung Köln entgegenwirken. Deshalb wollen wir auch eine sozial gerechte, aber konsequente Klimapolitik erreichen.
Ich danke für das Zuhören.