Heinrich Böll im Stadtbild sichtbar machen

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Rede von Gisela Stahlhofen zur Ratssitzung am 19. Dezember 2017

Ich bin beindruckt über das profunde Wissen, das hier bereits vorgetragen wurde. Natürlich werde ich das ein oder andere Detail erneut erwähnen, denn man bereitet sich ja vor ohne die anderen Reden zu kennen.

Vor fast 35 Jahren wurde Heinrich Böll die Ehrenbürgerwürde in der Piazzetta des Historischen Rathauses verliehen. Da es damals im Vorfeld doch einige Verstimmungen gab, freut es mich besonders, dass Sie, meine Damen und Herrn von der CDU, heute unter diesem Antrag stehen. Damals taten Sie sich schon recht schwer mit der Person Heinrich Böll. Sie wollten durchaus sein Werk ehren, denn ein Nobelpreisträger als Ehrenbürger schmückt die Stadt ja schon. Aber den Querdenker und freiheitliebenden Böll, der sich für die Ostpolitik Willy Brands einsetzte oder sich auch mit der RAF auseinandersetzte, den wollten Sie damals nicht. Genauso erfreulich ist es auch, dass die FDP ihren Frieden mit ihm hat. Als Freunde des motorisierten Individualverkehrs konnten Sie nicht mit ihm warm werden. Heinrich Böll beklagte es als große Sünde der Stadt, und damit seinem Köln, dass mit dem Bau der Nord-Süd-Fahrt die Stadt zerschnitten wurde und damit seinem Bedürfnis nach Entschleunigung widersprach. Durch die unerledigten Rückbaupläne aus dem Masterplan werden wir immer wieder an ihn erinnert.

„Heinrich Böll im Stadtbild sichtbar machen“  - aber wie? – Es ist ja nicht wirklich so, dass er unsichtbar ist. Wir haben einen Heinrich-Böll-Platz, und auch eine Schule trägt seinen Namen.

Wichtiger  ist mir eigentlich, dass junge Menschen seine Texte kennenlernen, denn er ist aktuell wie eh und je.

Die Stadtbibliothek hat durch viele Veranstaltungen eine wertvolle Arbeit dazu geleistet. Das Heinrich-Böll-Archiv wird jedes Jahr von unzähligen Schulklassen besucht.  Besonders schön fand ich die Reihe „Junges Buch für die Stadt,“ bei der das Kinderbuch „Der kluge Fischer“ von Kindern in 15 verschiedenen Sprachen vorgelesen wurde. Es basiert auf Bölls Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral.

Alle Bücher und Schriften sind digitalisiert und bequem auf jedem Tablet in der Bahn zu lesen.

Wenn ich bei Demos gegen Rechts bin, denke ich oft an „Die Verlorene Ehre der Katharina Blum“.  Er hat sich aber auch amüsierend-kritisch über die Kirche ausgelassen, sowohl in „Ansichten eines Clowns“ als auch in „Doktor Murkes gesammeltes Schweigen“, wo er „das Höhere Wesen, das wir verehren“ wunderbar durchdekliniert. Seine kritische Haltung gegenüber der Institution Kirche macht Böll in Italien zum beliebtesten Autor der Gegenwart.

Auf einer Veranstaltung vor dem Heinrich-Böll-Zimmer - sie finden es im Übrigen auf der 2. Etage in der Stadtbibliothek am Neumarkt - habe ich mich letzten Dienstag mit Bölls Sohn Renè Böll unterhalten können.  Er meinte, sein Vater hätte es bestimmt gerne gesehen, wenn es zu seinen Ehren eine Gedenkplatte an dem für ihn zentralen Ort seines Lebens, dem Hauptbahnhof,  gäbe. Eine Büste oder Porträt hätte er nicht gewollt, aber ein Text von ihm mit dem Hinweis auf seine Autorenschaft, ja, das hätte ihm gefallen.

Bölls erste Satire heißt, „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ und so wünsche auch ich mir nicht nur zur Weihnachtszeit einen ebensolchen parteiübergreifenden  Antrag, wenn wir im kommenden Jahr im Mai den 200. Geburtstag von Karl Marx feiern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.