Für sozialen Zusammenhalt und Ausgleich statt einer Politik des sozialen Kahlschlags!

Carolin Butterwegge

Rede von Carolin Butterwegge in der Haushaltssitzung des Jugendhilfeausschusses am 12.04.2013

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte für meine Fraktion DIE LINKE begründen, warum wir Haushaltsplanentwurf in vorgelegter Fassung ablehnen und unseren Veränderungsnachweis eingebracht haben.   Der zentrale Grund ist der, dass er in vielen, für den sozialen Zusammenhalt und Ausgleich in unserer Stadt unbedingt nötigen Ausgabeposten eine Politik des sozialen Kahlschlags vornimmt.

In einer Stadt, in der mehr als jedes 5. Kind unter 15 Jahren in einem Hartz-IV-Haushalt lebt, ist es zwingend notwendig, kostenlose Jugendangebote, eine gute öffentliche Infrastruktur für Kinder, Jugendliche und Familien sowie eine flächendeckende Kindertagesbetreuung und Schulangebote im Ganztag aufrechtzuerhalten. Das gilt für die Jugendarbeit ? insbesondere offene Angebote ? ebenso wie für die Übermittagsbetreuung in Grundschulen und den offenen Ganztag.

Kürzungen in diesem Bereich rauben den Betroffenen ihre Chancen auf Teilhabe von Kindesbeinen an, weil die Eltern i.d.R. eben kein Geld für die Nutzung kommerzieller Kinderfreizeit-, Sport-, Musik- und Kinderkulturangebote haben. Daran ändert auch das Bildungs- und Teilhabepaket nichts, dessen Teilleistungen ja auch in Köln bloß von rund 55% der Berechtigten in Anspruch genommen werden. Kürzungen hier kommen uns später sehr viel teurer zu stehen ? da bin ich mir sicher.

Sehr geehrte Damen und Herren,
das Problem ist ja, dass Kürzungen im Bereich Kinder, Jugend und Soziales leider nichts neues, sondern ein seit Jahren aufgelaufenes Problem darstellen. Wir haben diese Kürzungen, die zur Einstellung /Einschränkung vieler Angebote geführt haben, in letzten Jahren immer konsequent abgelehnt und tun dies auch nun wieder.

Hinzu kommen neue Kürzungsabsichten im aktuellen Doppel-Haushaltsplanentwurf, die einen weiteren Abbau von nötigen Angeboten bzw. massive Absenkung vorhandener Qualitätsstandards befürchten lassen, weil städtische Zuschüsse wegfallen. Dies betrifft:

  • die ?Mittagspause plus?,
  • die Standardreduzierung bei der Übermittagbetreuung in der Sek I sowie
  • die Reduktion des freiwilligen Anteils von 5% für die Finanzierung des offenen Ganztags ebenso wie
  • die Pauschalkürzungen im Bereich Kinder- und Jugendarbeit
  • sowie der Globalmittel für freie Träger der Jugendhilfe und Wohlfahrtspflege.

Mein ausdrücklicher Dank gilt hier all jenen, die dagegen protestiert und Widerstand organisiert haben.

Meine Fraktion DIE LINKE schlägt neben der Rücknahme dieser Kürzungen deshalb zusätzlich vor, weitere Plätze im Offenen Ganztag einzustellen, die Mittel zur Spielplatzsanierung in gleichbleibender Höhe bereitzustellen, um den Sanierungsstau abzuarbeiten und auch das Programm Mitternachtssport der Sportjugend Köln zu erhalten.

Im Bereich des U3-Kita-Ausbaus ist schließlich nicht einzusehen, warum ab 2014 fast keine investiven Mittel für neue Plätze mehr bereitgestellt werden sollen. Die Aussage in der Erläuterung des Haushaltsplanes, der U3-Ausbau solle in 2013 beendet werden, womit 2014 keine Zuschüsse mehr veranschlagt werden müssten, ist meiner Einschätzung nach abenteuerlich, weil Köln mit einer Ausbauplanung von Plätzen für 40% der U3-Kinder für eine Großstadt im unteren Mittelfeld der prognostizierten Nachfrage liegt ? andere Großstädte rechnen mit 50-60%.
Dass der Rechtsanspruch auf absehbare Zeit damit eingelöst wird, und sich weitere Ausbaubemühungen damit erübrigen, ist eine abenteuerliche Annahme ? auch angesichts der erfahrungsgemäß wachsenden Platznachfrage im Zuge der Einführung eines Rechtsanspruchs.
Wir LINKE schlagen deshalb eine Aufstockung der selbst gesteckten Ausbauziele für U3-Plätze über die in Planung anvisierten Betreuungsplätze für 40,7% der U3 Kinder in 2014 hinaus vor, zunächst um 500 U3-Kita-Plätze und später gerne auch mehr... ? damit Eltern Verlässlichkeit haben, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können!

Verheerende Auswirkungen für den sozialen Zusammenhalt in unserer gespaltenen, massiv segregierten Stadt wird auch die Senkung der Zuschüsse für die Bürgerhäuser sowie die Streichung der Mittel für Sozialraumkoordinatoren haben  ? wenn Sie, werte KollegInnen von SPD und Grünen hier also den Willen zur Veränderung zeigen, wie Ihr neuer Veränderungsnachweis zeigt, würden wir das sehr begrüßen?

Sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie mich schließen mit einer generellen Problematik: Dass der städtische Haushalt nun mit den vielen Kürzungsvorschlägen konsolidiert werden soll, resultiert ja im Wesentlichen aus der für Kommunalhaushalte ruinösen Steuerpolitik auf Landes- und Bundesebene.  Die Möglichkeiten Kölns, seine Einnahmen zu verbessern, sind zwar begrenzt ? aber gerade deshalb müssen sie auch ausgeschöpft werden.

Deshalb fordern wir - neben bundespolitischen Maßnahmen wie der Wiedereinführung der Vermögenssteuer, der Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Einführung einer Millionärssteuer - hier für Köln, z.B. die Gewerbesteuer auf 490 Punkte anzuheben, mehr städtische Betriebsprüfer einzustellen oder durch den Einsatz eigenen Personals die Ausgaben durch externe Beauftragungen zu mindern.

Unsere Vorschläge würden die Einnahmen in 2013 um rund 23 Mio. ? verbessern und in 2014 um 27,4 Mio. ?. Damit ist die Rücknahme zahlreicher vorgesehener Kürzungen zu finanzieren und es gibt sogar noch einen Überschuss von 6,5 Mio. ? in 2013.

Für den Erhalt eines sozialen Kölns muss auch eine original soziale Kinder- und Jugend-Politik gemacht werden, die eine gute, vielfältige Angebotsstruktur aufrechterhält ? wir würden uns daher freuen, wenn Sie unseren Vorschlägen zustimmen.

Herzlichen Dank für Aufmerksamkeit!