Erbpacht in Sicht

Michael Weisenstein
ArtikelNewsThema Wohnen

Seit vielen Jahren fordern die LINKE und andere politische Akteure innerhalb und außerhalb des Rates den Verkauf von städtischem Grund zu stoppen.

Die Gründe für einen Verkaufsstopp liegen auf der Hand: Verkauft die Stadt Flächen in großem Umfang zu hohen Preisen, wird sie auf dem aufgeheizten Flächenmarkt selbst zum Preistreiber.

Außerdem verschlechtert die Stadt durch Flächenverkäufe ihre finanzielle Bilanz, wenn das eingenommene Geld in konsumtive Ausgaben fließt. Was verkauft ist, kann nicht mehr auf der Habenseite in der Bilanz erscheinen. Der Gesamtwert der Stadt verkleinert sich.

Ein weiterer schwerwiegender Nachteil von Flächenverkauf ist augenscheinlich die Reduzierung der Gestaltungsmöglichkeit. Auf einer privatisierten Fläche können die städtebaulichen Ziele der Stadtgesellschaft kaum umgesetzt werden.

Die Erbbauregelung hat eindeutige Vorteile: Der Erbpachtgeber (Stadt) kann bestimmen, was und zu welchen Konditionen auf dem Erbpachtgrundstück vom Investor gebaut und betrieben werden darf. Verstößt der Erbpachtnehmer (Investor, Bestandshalter) gegen die Auflagen, tritt der sogenannte Heimfall ein. Dann gehören auch die Aufbauten der Stadt.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt im Wohnungsbau: Denn hier ist höchstrichterlich festgestellt, dass der Erbpachtgeber für die gesamte Laufzeit des Vertrages die Miethöhe der Wohnungen vorschreiben kann. Bei einem Flächenverkauf kann der Bestandshalter nach 20 bis 25 Jahren die Mietpreisbindung im geförderten Wohnungsbau verlassen und die Miete an das Marktniveau anheben.

Die Kirchen, viele Städte und Landkreise praktizieren seit über hundert Jahren die Erbpachtreglung. Nun endlich scheint die Kölner Stadtverwaltung auch die Vorteile der Erbpacht zu erkennen und hat sich daran gemacht, eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten.

Zunächst soll die Erbpacht für städtisches Bauland Anwendung finden, auf welchem Geschosswohnungsbau realisiert werden soll. In weiteren Schritten sollen dann Flächen für den Bau von Einfamilienhäusern, danach Gewerbeflächen folgen. Da muss sich die Verwaltung fragen lassen, warum sie überhaupt noch den Bau von Einfamilienhäusern verfolgt, und warum Gewerbeflächen erst zu einem späteren Punkt in Erbpacht vergeben werden sollen.

Doch zunächst zu den Vorstellungen im Geschosswohnungsbau: Hier ist eine Laufzeit von 80 Jahren vorgesehen. Die ersten 60 Jahre soll der Erbzins 1,5 % des Flächenverkehrswertes pro Jahr betragen. Die Auflagen für die ersten 60 Jahre sind: 30 % geförderte Wohnungen (circa 7 Euro kalt pro qm) und 20 % preisgedämpfte Wohnungen mit einem Preis von 10 Euro pro Quadratmeter. Nach den ersten 60 Jahren steigt der Zinssatz auf 4 % und alle Wohnungen können marktkonform vermietet werden. Die Eigentumsbildung ist für die gesamte Laufzeit untersagt.

Aus linker Sicht ist die Einführung selbstverständlich zu begrüßen. Es gibt aber hier auch Kritik. Es gibt keine plausible Begründung, warum der Vertrag nur 80 Jahre statt der möglichen 99 Jahre laufen soll. Die Hälfte der Wohnungen können im teuren Segment gebaut und vermietet werden. Das entspricht nicht den Bedarfen der Mieter*innen. Auch die Höhe des Zinssatzes sollte noch diskutiert werden: Schließlich gibt es seit vielen Jahren keine Zinsen mehr. Mit einem geringeren Erbpachtzins könnte man von den Investoren mehr preiswerte Mietwohnungen verlangen.