Außengastronomie ist gut - muss aber Rücksicht auf Menschen mit Einschränkungen nehmen

Rede von Michael Weisenstein zur Ratssitzung am 27. Juni 2024.

Die Stadtverwaltung wollte einen Beschluss zu Regeln für die Außengastronomie herbeiführen. Er berücksichtigte nicht die von der Stadtarbeitsgemeinschaft geübte Kritik an der mangelnden Barrierefreiheit. Michael Weisenstein hielt dazu eine Rede, die diese Kritik unterstrich:

Der öffentliche Raum ist stark begrenzt und dient in unserer Stadt auch oft als Verkehrsfläche. Autos dominieren den öffentlichen Raum und behindern viel zu oft Fußgänger*innen und Rollstuhlfahrer*innen. Fußwege in den Wohnquartieren sind insbesondere in den Abendstunden oft zugeparkt.

Seit Corona beobachten wir eine dynamisch wachsende Außengastronomie. Das ist auch gut und schön. Viele Menschen wollen ihren Kaffee oder ihr Kölsch im Freien genießen. 

Als Rat ist es unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass alle Menschen den öffentlichen Raum sicher nutzen können. Wir brauchen Regeln, die auch schwache Verkehrsteilnehmer*innen schützen, auch vor ausufernder Außengastronomie. 

Menschen, die nur eingeschränkt sehen können oder blind sind, brauchen zur Orientierung eine Hauskante. Wenn an der Hauskante Tische und Stühle stehen, fehlt sehbehinderten Menschen diese Orientierungshilfe. Künftig sollten keine neue Außengastro an der Hauskante genehmigt werden.

Damit Menschen mit Einschränkungen im Bewegungsapparat oder auch Eltern mit Kinderwagen gut und sicher auf dem Bürgersteig unterwegs sein können, muss die Gehbahn mindestens 1,80 Meter breit sein. Hier darf nichts stehen, keine Stühle, keine Bänke und auch keine Werbeaufsteller. Die Gehbahn von 1,80 Meter braucht zusätzlich einen Sicherheitsabstand zur Fahrbahn zwischen 30 und 50 cm, je nach zugelassener Höchstgeschwindigkeit auf der entsprechenden Straße.

Das alles wäre gewährleistet, wenn wir den Vorschlägen der Stadtarbeitsgemeinschaft folgen würden.

In dem Prozess zur Entwicklung der Regeln für die Außengastro hat die Verwaltung die Vorschläge der Stadtarbeitsgemeinschaft zunächst gut gewürdigt. In der jetzt vorliegenden Vorlage folgt sie leider im Wesentlichen den Anliegen der Gastronomen. Auch in den meisten Fraktionen hat sich die Ansicht der Gastronomieverbände durchgesetzt. Es ja auch nicht populär in einer Stadt, die sich gerne als eine Stadt mit südlichem Flair sieht, die Außengastronomie zu begrenzen.

Wir fordern Sie - liebe Kolleg*innen und Kollegen - heute auf, ihre Abwägung zu überdenken. Achten Sie auch auf die Bedürfnisse der Menschen mit Einschränkungen. Wir möchten Ihnen die Gelegenheit geben, ihr Abstimmungsverhalten zu korrigieren und beantragen abzustimmen wie die Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik.

Die Verwaltungsvorlage wurde ohne die Vorschläge der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik verabschiedet.