Linksfraktion aktuell

Nach der Einwohnerbefragung zum Hafenausbau - Spaltung überwinden!

Jörg Detjen

Rede zur Ratssitzung am 14.07.2011

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Meine Damen und Herren,

ich würde mir mehr Nachdenklichkeit bei der Bewertung der Bürgerbefragung über den Ausbau des Godorfer Hafens wünschen, statt die Ergebnisse interessengeleitet zu interpretieren. Bürgerbeteiligungen gehen in der Regel anders aus als man sich so denkt.

Ich finde es ausgesprochen schade, dass Sie, Herr Oberbürgermeister, sich dahingehend äußerten, dass komplizierte Fragen lieber von der Politik entschieden werden sollen.

Uns allen war klar, dass dies keine einfache Entscheidung ist. Sonst wäre doch in der Politik nicht seit Jahrzehnten ohne Ergebnis über den Ausbau diskutiert worden. Aber die Zukunft der Kölner Häfen berührt die Interessen der Kölner Bürger ? ganz unmittelbar Lebenssituation der Anwohner, aber mittelbar die Interessen aller Kölner. Wir haben die Einwohnerbefragung unterstützt, weil sie eine Chance war, Konflikte zu lösen.

Dass für andere auch andere Motivationen mitgespielt haben, zum Beispiel die Unfähigkeit der Koalitionspartner Ökonomie und Ökologie unter einen Hut zu bringen, ist eine andere Sache.

Ich fordere die Fraktionen im Rat auf: Nehmen Sie doch bitte das Ergebnis dieser Befragung ernst, und hören Sie auf es zu instrumentalisieren!

Befragung zeigt uns eine Spaltung zwischen dem linksrheinischen Norden und Süden; eine Spaltung zwischen den Stadtbezirken: vier sagen mehrheitlich Ja, fünf sagen Nein.

Wir sollten uns hüten diese Einwohnerbefragung kleinzureden! ? Wer die Leserbriefe in den letzten Tagen gelesen hat, konnte sich davon überzeugen, dass die Kölner sich ihre Gedanken machen. Den Hinweis, dass bei der Kommunalwahl auch nur 375.000 Personen abstimmten, fand ich aufklärend ? und auch den Hinweis, Herr Oberbürgermeister, dass Sie auch nur mit 200.000 Stimmen gewählt worden sind.

Sicher kann das Verfahren verbessert werden. So kam ja gestern aus der Verwaltung der Vorschlag, Wahlen und Einwohnerbefragungen zusammenzulegen.

Der Rat hat mit der Befragung ?Pionierarbeit? geleistet, wie der Stadtdirektor treffend feststellte. Alle konnten mitmachen, wir haben das Quorum gesenkt und die Stadtverwaltung hat ein spannendes Antragsheft herausgegeben. Es gab auch Streit und Entgleisungen, das war weniger gelungene Pionierarbeit.

Jetzt müssen wir uns fragen, wie wollen wir die Spaltung überwinden? Wir teilen die Position der Bezirksvertretung, der Bürgerinitiative und der Grünen eine Diskussion über das Logistikkonzept zu führen. Der Antrag der FDP dagegen zementiert die Spaltung und ist kontraproduktiv.

Die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit von Rot-Grün wäre dahin, wenn Sie jetzt die Kernaussage ihres Koalitionsvertrages ?Zukunft durch nachhaltige Politik? nicht antreten würden.

Die Diskussion über das Logistikkonzept kann uns aus der Sackgasse führen.

 

[Die Rede wurde aufgrund der Entwicklungen in der Debatte in abgewandelter Form gehalten. Sobald das Protokoll der Sitzung vorliegt, wird dieser Beitrag ersetzt.
Siehe zum Thema auch den Leitartikel im Platzjabbeck 7/2011.]