Linksfraktion aktuell

Für ein kostenloses Kurzstreckenticket - Klimaschutz ist Klassenkampf!

Tanja Groß
RatReden

Ratsrede zur Vorstellung der Anregung der BV Kalk zur Einführung eines kostenfreien Kurzstreckentickets bei der KVB; Ratssitzung am 7.11.2019

Sehr geehrter Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

ich bin heute hier um einen Beschluss zum kostenlosen Kurzstrecken-Ticket, - in Lindenthal und in Rodenkirchen auch Brötchenticket genannt -, aus der Bezirksvertretung Kalk vorzustellen und dafür zu werben.

Eigentlich sollte unser Vorschlag schon Ende 2018 bei den Haushaltsverhandlungen für 2019 beschlossen werden. Aber die Verwaltung hat es geschafft, dass wir damit sogar die Haushaltsverhandlungen für 2021 verpasst haben. - Da ist noch etwas Luft nach oben.

Zur Stellungnahme der Verwaltung möchte ich folgende Anmerkungen machen:
Die Drucksache, auf die die Verwaltung verweist, wurde erst mehr als 6 Monate nach dem Beschluss in Kalk erstellt und berücksichtigt diesen überhaupt nicht.
Tatsächlich verweist der Auszug aus der Niederschrift des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden darauf, dass es aus den Bezirksvertretungen verschiedene Beschlüsse zum Tarifsystem gäbe und diese zusammengeführt werden sollten, Sie Herr Hammer von den Grünen haben dies bereits in der Vergangenheit angeregt.
Aber ist dies geschehen? - Meines Wissens nicht!

Wenn Sie heute beschließen, unsere Anregung in den Fachausschüssen zu behandeln, dann haben Sie die Chance das nachzuholen. Dass die Verwaltung nun auf Stellungnahmen bezüglich fahrscheinloser Tage in ganz Köln verweist, zeigt erneut, dass die Anregungen und Bedürfnisse innerhalb der Bezirke ignoriert werden.
Das Gleiche gilt für die zweite Drucksache, die über ein Jahr nach dem Kalker Beschluss kam und diesen wieder einmal ignoriert. Auch hier geht es um das Gesamtsystem der Fahrpreise.

Was allerdings auffällig ist, ist, dass der Ausbau des ÖPNV wohl in den letzten Jahren mit dem steigenden Bedarf nicht mitgehalten hat. So wartet zum Beispiel der Stadtteil Neubrück seit 50 Jahren auf die Straßenbahn und es ist immer noch nicht sicher, ob und wenn ja wann sie kommt, während gleichzeitig die neue Linie 179 morgens ohne Halt und damit ohne Fahrgäste als Geisterbus von Deutz nach Neubrück unterwegs ist.
Der Bau unterirdischer Bahntrassen dauert wesentlich länger und bindet mehr Finanzmittel, als der Bau oberirdischer.

Die Verwaltung schreibt, dass man mit Tarifvergünstigungen anfangen könne, wenn die Kapazitäten ausreichend seien.
Dann sagen Sie uns doch bitte hier und heute, wann das sein wird!
Wird irgendjemand aus dem Rat dann noch leben, wenn die KVB ausreichende Kapazitäten anbietet?
Ich wünsche es jedem, bezweifele aber, dass mein Wunsch in Erfüllung geht.

Kommen wir nun zum Argument, dass nicht der Preis, sondern das Angebot die Leute in den ÖPNV holt.
Wenn dieses von der Verwaltung und der KVB oftmals angebrachte Argument stimmte, dann müssten sie keine Angst davor haben, ein kostenloses Kurzstreckenticket einzuführen. Denn die Menschen würden ja trotz kostenlosem ÖPNV und nur geringen Kapazitäten eben nicht animiert mit dem ÖPNV zu fahren, ergo müsste man auf die oben angesprochene Kapazitätserweiterung auch nicht warten.

Lassen Sie mich kurz erklären, warum es vielleicht doch der Fahrpreis ist.
Um zum Beispiel von Ostheim, sagen wir am Buchheimer Weg oder der Gernsheimer Straße zum Bezirksrathaus nach Kalk oder zum Kalk-Karree zu fahren, müssten Sie mit der KVB und den aktuellen Tarifen hin und zurück 4 Euro zahlen. Dafür könnte man 4 Stunden 20 Minuten unter dem Bezirksrathaus parken oder den ganzen Tag im Parkhaus der Köln Arcaden stehen. Und das ist keine Strecke, die Sie normalerweise zu Fuß gingen. Und ehrlich gesagt, so fahrradfreundlich ist gerade die Kalker Hauptstraße nicht, dass man von Ostheim mit dem Rad zum Beispiel zum Wohnungsamt fährt.
Wenn Sie unverschämter Weise aber auch noch ein Kind dabei haben, wird der Spaß mit der KVB direkt 2 Euro teurer. Mit dem Auto nicht.

Hier wird wieder einmal deutlich, dass Mobilität auf das Auto und nicht auf den wesentlich klimaschonenderen ÖPNV als Verkehrsmittel ausgelegt ist. Schlecht für’s Klima aber gut für die Autolobby!

Jetzt mögen 2 oder 4 Euro für die Verfasser der Stellungnahmen nicht viel Geld sein, aber es gibt in diesem System leider Menschen, die jeden Euro 2x umdrehen müssen, und denen würden Sie mit einem kostenlosen Kurzstreckenticket bestimmt helfen.

Soziale Gerechtigkeit im Klimaschutz zeigt sich an der Möglichkeit eines jeden, egal ob arm oder reich, von A nach B zu kommen. Um die Ernsthaftigkeit der Stadt Köln beim selbst beschlossenen Klimanotstand deutlich zu machen, ist die Mitnahme aller zwingend erforderlich!

Mit dem Angebot des kostenlosen Kurzstreckentickets würde sie die Aufgabe der Daseinsvorsorge erfüllen, etwas für’s Klima tun und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegentreten.

Klimaschutz ist Klassenkampf! – Vielen Dank

 

Dr. Tanja Groß ist stellvertretende Ortsbürgermeisterin für den Bezirk Kalk. Die Anregung der BV Kalk ist als Top 3.2.1 der Tagesordnung hier zu lesen.