Linksfraktion aktuell

Die Stadtbibliothek stärken

Antrag zur Ratssitzung am 24.11.2011

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktion DIE LINKE bittet Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Rates zu nehmen:

Beschluss:
Die Stadt Köln setzt sich zum Ziel, die Stadtbibliothek bis in fünf Jahren so mit Ressourcen auszustatten, dass sie mindestens das Mittel der Ressourcenausstattung der Stadtbibliotheken in deutschen Großstädten erreicht.
Dabei sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

  1. Der Stadtbibliothek wird in 2012 eine Wiederbesetzung unbesetzter Stellen und eine Entfristung auslaufender befristeter Stellen ermöglicht.
  2. Der Personalbedarf, der sich aus den erfreulich gestiegenen Ausleihzahlen ergibt, wird bestimmt und der Personalbestand der Stadtbibliothek in 2012 entsprechend aufgestockt.
  3. Zur Bestimmung des Personalbedarfs der Stadtbibliothek sind auch diejenigen Leistungen zu berücksichtigen, die die Bibliothek in den letzten Jahren engagiert auf- und ausgebaut hat und für die Personal aus anderen Bereichen abgezogen werden musste (z. B. Leseförderung für Kinder und Jugendliche, Seniorenangebote in den Stadtteilbibliotheken, mehrsprachige Leseförderung für Kinder und Erwachsene, Web 2.0-Angebote und Schulungen).
  4. Der Sanierungsbedarf der Bibliotheksstandorte wird festgestellt und die Mittel zur Verfügung gestellt, die zur Sanierung und zur Anpassung an heutige Nutzungsbedürfnisse notwendig sind.
  5. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek und eine Verminderung der Schließtage wird angestrebt.
    Die Stadtbibliothek möge dem Rat ein Konzept hierzu vorstellen und den notwendigen Bedarf an Personal darstellen.

Begründung:

Die Stadtbibliothek ist für die Kölner Bevölkerung eine der bedeutsamsten Einrichtungen für den Zugang zu Kultur und Bildung. Wie kaum eine andere Einrichtung kann sie eine Schnittstelle zwischen beiden Bereichen sein.

Die Bibliothek, gerade die Standorte in den Stadtteilen, ist für viele Kinder und Jugendliche nach der Schule die erste Bildungs- und Kultureinrichtung, die sie nutzen. Um für viele Jugendliche eine solche Anlaufstelle sein zu können, muss die Stadtbibliothek in den Stadtteilen präsent sein und sie muss durch ausgedehnte Öffnungszeiten verfügbar sein.

Die Bibliothek wird, wie das Strategiekonzept der Stadtbibliothek darstellt, vor allem von Angehörigen der Mittelschicht genutzt. Das traditionelle Arbeitermilieu dagegen ist mit gerade einem Prozent an den Nutzerzahlen deutlich unterrepräsentiert. Es ist zu erwarten, dass eine Ausdehnung der Öffnungszeiten vor allem in den Stadtteilbibliotheken zu einer Änderung führt.

Gerade in den Zweigstellen sind die Tagesöffnungszeiten sehr beschränkt. Schließtage gibt es an allen Standorten. Ein wichtiger erster Schritt zur Verbesserung der Situation wurde mit der neu eingeführten Samstagsöffnung in den Zweigbibliotheken getan.
Durch die Samstagsöffnungen wurde die Nutzung der Bibliothek für manche Einwohner Kölns attraktiver, oder die Nutzung überhaupt erst ermöglicht. Die Bibliotheksführung berichtet, dass viele neue Benutzer gewonnen werden konnten.

Um ihre Dienste für die Stadtgesellschaft optimal erfüllen zu können, muss die Stadtbibliothek angemessen mit Personal und mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden. In ihrem Entwurf für den Haushalt 2012 schlägt die Verwaltung vor, den Haushalt der Stadtbibliothek um etwa 890.000 Euro anzuheben. Das ist eine deutliche Verbesserung, die sehr zu begrüßen ist. Etwa 590.000 Euro fließen dabei in Personalaufwendungen. Die restlichen 300.000 Euro werden Positionen zugesetzt, die bislang nicht ausreichend gedeckt waren. Im Haushaltsjahr 2011 hatte diese Unterdeckung eine Genehmigung überplanmäßiger Aufwendungen notwendig gemacht (DS. 2152/2011).

Doch trotz dieser Zusetzungen ist die Kölner Stadtbibliothek noch immer extrem unterfinanziert. Dies wurde in der Antwort auf eine Anfrage der LINKEN vom März 2011 deutlich (1187/2011). In Bezug auf fast alle Indikatoren, die in der Deutschen Bibliotheksstatistik den finanziellen, sachlichen oder personellen Input beschreiben, nimmt die Kölner Bibliothek die schlechtesten Werte aller deutschen Großstadtbibliotheken ein. Dieser Mangel kann auch durch das Engagement der Mitarbeiter und die Organisationsleistungen der Bibliotheksführung nicht ausgeglichen werden.

Die Stadtbibliothek erreicht ein gutes Verhältnis von Input zu Output, zum Beispiel der Gesamtausgaben im Verhältnis zur Zahl der Besuche der Bibliothek, aber sie liegt in Bezug auf die Zahl der Besuche pro Einwohner, die Medienausstattung, die Erneuerungsquote bei Medien, die Öffnungszeiten, die Publikumsfläche deutlich unter dem Mittel der Stadtbibliotheken deutscher Großstädte.

Der Personalrat der Stadtbibliothek hat in einem Flugblatt im März 2010 beklagt, dass die Stadtbibliothek im Verhältnis zu ihren Aufgaben mit zu wenig Personal ausgestattet ist. Eine immense Arbeitsbelastung ist die Folge. Die Stadt Köln sollte sich zu ihrer Bibliothek bekennen und ihr die Mittel zur Verfügung stellen, die sie für ihre Weiterentwicklung benötigt.

Das in diesem Antrag unter Punkt 1 vorgeschlagene Ziel ist dabei noch recht bescheiden:
Es geht darum, die Stadtbibliothek, die derzeit schlechter ausgestattet ist als jede andere Großstadtbibliothek in Deutschland, zumindest in das Mittelfeld der Bibliotheken anzuheben.
Auch wenn die Kölner Stadtbibliothek die 50%-Marke unter den Großstadtbibliotheken erreicht, wird sie noch deutlich unter den Werten der bestausgestatteten Bibliotheken liegen. Die Ausstattungslage der Stadtbibliothek lässt sich nicht von einem Jahr auf das nächste auf einen durchschnittlichen Stand bringen. Die Erweiterung des Personals und ebenso der Aufbau des Medienbestandes benötigen Zeit. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, die Ausstattung der Stadtbibliothek in mehreren Schritten über die kommenden fünf Jahre zu verbessern.

Der Einfluss von Technologien, wie der neu eingeführten RFID-Etiketten, ist bei der Feststellung des Ressourcenbedarfes zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Detjen, Fraktionssprecher
Gisela Stahlhofen, Fraktionssprecherin